Der nach den massenhaften sexuellen Übergriffen am Kölner Hauptbahnhof in die Kritik geratene Kölner Polizeipräsident Wolfgang Albers ist in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden.

Köln - Der nach den Übergriffen am Kölner Hauptbahnhof in die Kritik geratene Kölner Polizeipräsident Wolfgang Albers ist in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Das bestätigte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD). Er habe ihm diese Entscheidung am Freitag in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt, sagte Jäger in Düsseldorf.

 

Zuletzt waren zunehmend Rücktrittsforderungen gegen Albers laut geworden. Unter anderem war Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker deutlich auf Distanz gegangen. Dem Polizeipräsidenten wurde unter anderem vorgeworfen, die Öffentlichkeit nach den Übergriffen nicht rechtzeitig informiert zu haben und Informationen unter anderem über die Herkunft der Verdächtigen zurückgehalten zu haben.

Aus einer Gruppe von 1000 Männern heraus hatten sich in der Silvesternacht kleinere Gruppen gebildet, die Frauen umzingelt, sexuell bedrängt und bestohlen haben sollen. Der Polizeieinsatz war von vielen Seiten scharf kritisiert worden, unter anderem von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Informationen über den Einsatzablauf kamen nur stückchenweise ans Licht. Albers selbst wies den Vertuschungsvorwurf zurück.

Zahlreiche Asylbewerber unter den Verdächtigen

Das Bundesinnenministerium bestätigte inzwischen, dass unter den Verdächtigen für die Vorfälle am Hauptbahnhof viele Asylbewerber sind. Die Bundespolizei habe 31 mutmaßliche Täter identifiziert, davon 18 Asylsuchende, sagte ein Sprecher von Minister Thomas de Maiziere in Berlin. Darunter seien neun Algerier, acht Marokkaner, vier Syrer, fünf Iraner, ein Iraker, ein Serbe, ein Amerikaner und zwei Deutsche. Ihnen würden hauptsächlich Diebstähle und Körperverletzungen vorgeworfen.

Es seien auch drei Anzeigen wegen sexueller Delikte bei der Bundespolizei eingegangen, dazu hätten aber keine Verdächtigen ermittelt werden können. Bei der Kölner Polizei summiert sich die Zahl der Anzeigen wegen der Vorfälle in der Silvesternacht auf 170, in rund 120 Fällen geht es einer Sprecherin zufolge um sexuelle Übergriffe. Zwei junge Männer aus Nordafrika, die die Kölner Polizei festgenommen hatte, wurden allerdings wieder freigelassen. Der Tatverdacht gegen sie habe sich nicht erhärtet, erklärte die Staatsanwaltschaft.

Die Polizei äußerte sich nicht zu einem Bericht von Spiegel Online, wonach die Beamten in einigen Fällen gestohlene Telefone in Flüchtlingsheimen oder in unmittelbarer Umgebung orteten. In einem Einsatzbericht hatte ein Bundespolizist einen völligen Kontrollverlust der Sicherheitskräfte geschildert. Der Innenausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags befasst sich am Montag mit dem Skandal. Für Samstag hat die islamfeindliche Pegida-Bewegung zu einer Demonstration vor dem Kölner Hauptbahnhof aufgerufen. Die rechtsextreme NPD rief ihre Mitglieder auf, sich daran zu beteiligen. Auch eine Gegenversammlung wurde angemeldet.

Lehnte Kölner Polizei Verstärkung ab?

Polizeipräsident Albers geriet am Freitag immer stärker unter Druck. Sein Präsidium habe während der chaotischen Lage Verstärkung angeboten bekommen, aber nicht angenommen, sagte ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Landesamts für Zentrale Polizeiliche Dienste.

In der Silvesternacht habe die Leitstelle nachgefragt, ob Verstärkung benötigt werde, erklärte er und bestätigte einen Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Eine Hundertschaft habe zum Abruf bereitgestanden. Das Angebot sei ausgeschlagen worden. Albers selbst erklärte, er habe immer wieder verdeutlicht, dass sich Personen bei Kontrollen mit vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ausgestellten Dokumenten ausgewiesen hätten.

Bundesinnenminister de Maiziere forderte, wenn Täter einen Migrations- oder Flüchtlingshintergrund hätten, dürfe das nicht verschwiegen werden. „Das wäre im Ergebnis nur Wasser auf die Mühlen all derjenigen, die Politik und Medien bewusste Verzerrung vorwerfen“, sagte der CDU-Politiker der „FAZ“. „Es darf keine Schweigespirale geben, schon gar nicht darf sie von der Polizei ausgehen“.