Gegen die neuen Pensionsregeln ist ein Volksantrag möglich? Davon wurden die drei Fraktionen kalt erwischt. Die Landes-SPD geht nun auf Distanz zu den Abgeordneten. Was machen die Grünen?

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Aussicht auf einen Volksantrag gegen die umstrittenen neuen Finanzregeln für Abgeordnete hat bei den Parteien und Fraktionen große Nervosität ausgelöst. Angesichts massiver Proteste auch aus den eigenen Reihen ist die Südwest-SPD auf Distanz zu ihrer Landtagsfraktion gegangen. Nach einer Krisenkonferenz des Präsidiums kritisierte die neue Landeschefin Leni Breymaier die am Freitag von Grünen, CDU und SPD beschlossene Änderung der Altersversorgung. Danach können die Parlamentarier künftig wieder eine Staatspension bekommen, die erst im Zuge der Parlamentsreform von 2008 abgeschafft worden war.

 

„Die jetzigen Änderungen überraschen schon“, kritisierte Breymaier. „Ich hätte das so nicht gemacht.“ Zugleich plädierte sie für eine Kommission, die die verschiedenen Systeme der Altersversorgung untersuchen solle. Langfristiges Ziel der SPD bleibe eine einheitliche Versicherung für alle Erwerbstätigen.

Grüne würden Volksantrag „respektieren“

Die Grünen kündigten am Sonntag an, sie würden einen Volksantrag zur Abgeordnetenversorgung – soweit dieser zulässig sei – „selbstverständlich respektieren“. Es sei ganz in ihrem Sinne, wenn die erweiterten Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung genutzt würden, sagte ein Fraktionssprecher. Für deren Ausbau hätten die Grünen schließlich in der vergangenen Legislaturperiode gesorgt. Der Landesverband der Ökopartei wollte sich auf Anfrage zunächst nicht äußern. Der Beschluss der drei Fraktionen gegen die Stimmen von FDP und AfD wird dort dem Vernehmen nach kritisch gesehen. In den drei Parteizentralen protestieren immer mehr empörte Mitglieder. Viele kündigen an, sie würden einen Volksantrag unterstützen.

Alle drei Fraktionen hatten offenbar nicht bedacht, dass das erst 2015/16 geschaffene Instrument jetzt genutzt werden könnte. Laut Landtagsverwaltung wurde dies vor dem im Eilverfahren gefassten Beschluss nicht geprüft. Grundsätzlich sei ein Volksantrag gegen das Abgeordnetengesetz zulässig, sofern alle rechtlichen Bedingungen erfüllt würden. Der Verein Mehr Demokratie und der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim halten das Instrument für eindeutig zulässig, der Bund der Steuerzahler kündigte an, eine Initiative zu prüfen.

Sorge vor Folgen für Bundestagswahl

Nach den Regeln für den Volksantrag muss sich der Landtag mit einem Thema befassen, wenn 0,5 Prozent der Wahlberechtigten dies fordern. Notwendig sind demnach knapp 40 000 Unterschriften, die innerhalb eines Jahres gesammelt werden müssen. Alle drei Parteien schreckt jedoch die Aussicht, dass die Versorgung der Abgeordneten über Monate hinweg öffentlich diskutiert wird. Besonders mit Blick auf die Bundestagswahl im Herbst gilt dies als kontraproduktiv. Es könne den Auftrieb der AfD verstärken, die die neuen Regeln massiv kritisiert und abgelehnt hatte.

– Kommentar: Einsicht nötig 

– Angst vor dem Volk