Modernisierung des Königshauses, Klima- und Umweltfragen, dazu Knatsch in der eigenen Familie: Der neue britische König hat viel Arbeit vor sich. Hinzu kommt die heikle Planung für ein Großevent.

Für die Mehrheit der Briten beginnt nach dem Staatsbegräbnis der Queen mit eigens ausgerufenem Feiertag nun wieder der Alltag. Nicht so bei der Königsfamilie: Für sie folgt eine siebentägige Trauerperiode. Doch trotz Trauerbeflaggung dürfte hinter den Palastmauern bereits emsig an Plänen für die Zukunft geschmiedet werden - etwa wegen Vorbereitungen für die Krönung des neuen Königs Charles III. und seiner Königsgemahlin Camilla.

 

Der in royalen Dingen stets gut informierte „Telegraph“ geht davon aus, dass die Krönung im nächsten Frühjahr oder Sommer stattfinden wird. Die Zeremonie werde voraussichtlich in einem sehr viel kleineren Rahmen gehalten als die Krönung seiner Mutter Elizabeth II. im Jahr 1953, so das Blatt. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass Charles die Monarchie verschlanken und den Fokus auf wenige Mitglieder an der Spitze der Königsfamilie reduzieren will.

Die britische Kulturministerin Michelle Donelan dämpfte am Dienstag jedoch erst einmal die Hoffnungen auf ein weiteres royales Großereignis in allzu naher Zukunft. Die Staatstrauer nach dem Tod der Königin sei eben erst beendet worden, sagte sie dem Sender LBC. „Wir wollen dem Land eine Pause gönnen.“ Anders als an den Schlössern des Königshauses wehten die Fahnen an britischen Regierungsgebäuden im In- und Ausland von Dienstag an nicht mehr auf halbmast.

250.000 Menschen kamen zum Sarg der Queen

Vorläufigen Schätzungen der Regierung zufolge kamen etwa 250.000 Menschen ins Parlament, um am Sarg der Queen Abschied zu nehmen. Das wären allerdings weniger als zunächst erwartet wurden. Elizabeths Vater König George VI. hatten 1952 nach seinem Tod etwa 300.000 Menschen ihren Respekt gezollt. Für die Queen wurde mit deutlich größerem Zulauf gerechnet.

Auch Geld dürfte bei den Plänen für die Krönung eine Rolle spielen. Angesichts erheblich gestiegener Energiepreise und einer Inflationsrate im zweistelligen Bereich dürfte der Palast darauf aus sein, die Kosten gering zu halten und kein Feuerwerk an royalem Pomp zu veranstalten, während die Menschen im Land mit einer Krise der Lebenshaltungskosten kämpfen.

Bereits an den üppigen Trauermärschen zum Tod der Queen hatte es vereinzelt Kritik gegeben. Beispielsweise als ein Mann in der walisischen Hauptstadt Cardiff dem neuen König entgegenrief: „Charles, während wir Schwierigkeiten haben, unsere Wohnungen zu heizen, müssen wir für Ihre Paraden bezahlen.“ Er wurde von einem Sicherheitsmann abgedrängt.

König und Premierministerin sind sich uneins

Allein die Kosten für den Polizeieinsatz während der elftägigen Trauerfeierlichkeiten dürften enorm gewesen sein. Wie viel genau das Staatsbegräbnis gekostet hat, konnte Donelan zunächst nicht sagen. „Ich denke, die britische Öffentlichkeit würde argumentieren, dass das Geld gut angelegt war“, sagte die Ministerin. Sie glaube nicht, „dass irgendjemand behaupten kann, unsere gestorbene Monarchin habe diesen Abschied nicht verdient, angesichts der Pflicht und des selbstlosen Dienstes, dem sie sich mehr als 70 Jahre verschrieben hat.“

In den ersten Tagen nach dem Tod der Queen hatten sich viele Briten Kritik am Königshaus verbeten. Es sei nicht der richtige Zeitpunkt dafür, hörte man vielerorts. Ob das auch in den kommenden Wochen und Monaten so bleibt, muss sich erst noch erweisen.

Doch auf Charles warten noch ganz andere Herausforderungen. So dürfte auch der Kurs der neuen britischen Premierministerin Liz Truss in Sachen Klima- und Umweltschutz sowie erneuerbare Energien den König vor ein Dilemma stellen. Truss wettert offen gegen Solaranlagen, während sie die Atomkraft und das umstrittene Fracking preist. Charles, der sich seit langem für den Schutz von Umwelt und Klima stark macht, dürfte das nicht gefallen.

Streit in der Königsfamilie geht weiter

Doch als König ist er zur unbedingten politischen Neutralität verpflichtet. Eine Tugend, die Elizabeth II. vollendet beherrschte. Bleibt Charles stumm, dürfte er viele junge Menschen gegen sich aufbringen, die ihn wegen seines Engagements unterstützen. Stellt er sich offen der Regierung, dürfte er den Zorn der konservativen Boulevardpresse auf sich ziehen und damit dem Königshaus womöglich einen Bärendienst erweisen.

Eine weitere Baustelle hat Charles in der eigenen Familie. Trotz warmer Worte und gemeinsamer Auftritte während der Trauerfeierlichkeiten für die Queen scheint der Streit mit seinem Sohn Prinz Harry (38) und Schwiegertochter Herzogin Meghan keineswegs beigelegt. Harry hat zudem für dieses Jahr die Veröffentlichung seiner Memoiren angekündigt, die für neuen Zündstoff sorgen dürften.

Die Queen hatte bei all den Streitereien stets als Brücke fungiert, die von beiden Seiten respektiert wurde. Doch mit ihrem Tod ändert sich auch das. Ihr Sarg war am Montag nach Abschluss der offiziellen Trauerfeier in einer Seitenkapelle der St.-Georges-Kapelle auf Schloss Windsor im kleinen Kreis beigesetzt worden.