Nach gewohnt bissiger Twitter-Rhetorik gibt sich US-Präsident Donald Trump gegenüber den deutschen Autobossen zahm. Die verweisen auf ihre Rolle als Arbeitgeber in den USA – teils vor allem in den Staaten mit Trump-Wählern.

Washington/Stuttgart - Kurz vor dem Blitzbesuch der deutschen Autobosse in Washington schoss US-Präsident Donald Trump einen giftigen Pfeil ab. „Ich bin ein Mann der Zölle“, stellte Trump in einer Kurznachricht auf Twitter klar. „Wenn andere Leute oder Länder den großartigen Wohlstand unserer Nation plündern wollen, sollen sie dafür bezahlen. Das wird immer der beste Weg sein, unsere ökonomische Macht zu maximieren. Wir nehmen mit den Zöllen Milliarden Dollar ein“, schrieb Trump und trompetete zum Abschluss in Großbuchstaben: „MAKE AMERICA RICH AGAIN“ – also: Macht Amerika wieder reich! Dies war zwar in erster Linie auf den Handelsstreit mit China gemünzt, ließ aber auch nichts Gutes für die Automanager erwarten.

 

Nach der Audienz bei Trump zeigten sich Daimler-Chef Dieter Zetsche, VW-Konzernchef Herbert Diess und BMW-Finanzvorstand Nicolas Peter indes zumindest vorsichtig optimistisch, dass Strafzölle auf importierte Wagen doch noch verhindert werden können. Wie die „New York Times“ unter Berufung auf Regierungs- und Industriekreise berichtete, versicherte der Präsident den deutschen Managern, dass er keine Pläne habe, in unmittelbarer Zukunft die von ihm angedrohten Autozölle zu verhängen. Der Zeitung zufolge ist Trump besorgt, dass die deutschen Autobauer als Reaktion auf solche Zölle Stellen in ihren US-Fabriken streichen könnten. Viele dieser Werke liegen in Bundesstaaten, in denen Trump im Jahr 2016 bei den Präsidentschaftswahlen gewonnen hatte. Wie stark sind die deutschen Konzerne in den USA vertreten? Und welche Investitionen sind geplant? Ein Überblick:

Was sagt Daimler?

Vorstandschef Dieter Zetsche hat in Washington hinter verschlossenen Türen die Investitionsplanung für die kommenden Jahre erläutert, sagte Kommunikationschef Jörg Howe nach der Rückkehr von dem Kurztrip. Details wollte er aber nicht nennen. Trump hatte gefordert, dass die deutschen Konzerne die Produktion in den USA ausweiten sollen. Dieses Ziel decke sich mit den Plänen von Daimler, sagte Zetsche im Gespräch mit Journalisten nach dem Treffen. Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht wies auf Anfrage unserer Zeitung darauf hin, dass die Produktionskapazitäten in den vergangenen Jahren auch in den USA stark ausgebaut worden seien. „Ohne diese Werkserweiterung könnten wir der gestiegenen Nachfrage nach unseren Produkten nicht gerecht werden. Gleichzeitig haben wir die deutschen Standorte erweitert, um vom globalen Trend zu profitieren“, so Brecht. Der Betriebsratschef warnte zugleich davor, dass Handelsschranken auch negative Folgen für die USA haben könnten. „Zölle behindern den freien Handel und führen dazu, dass Kunden höhere Preise bezahlen müssen. Am Ende kann das Gegenteil des politisch Gewollten eintreten: Durch Zollabschottung schwindet Wachstum und Wohlstand“, sagte Brecht.

Daimler ist stark in den Vereinigten Staaten verankert. Der Stuttgarter Konzern beschäftigt dort nach Angaben des Unternehmens heute rund 26 000 Mitarbeiter, das sind knapp neun Prozent der weltweiten Belegschaft. Die USA sind für die Autosparte Mercedes-Benz Cars der zweitwichtigste Markt der Welt, für die Lkw-Sparte sowie die Finanzsparte gar der weltweit wichtigste Markt. Allein in das 1995 eröffnete Pkw-Werk Tuscaloosa im Bundesstaat Alabama hat Daimler bisher nach eigenen Angaben sechs Milliarden Dollar investiert. Dort laufen vor allem Geländewagen, seit 2014 aber auch die C-Klasse vom Band. Die Verlagerung der C-Klasse hatte damals heftige Proteste der Belegschaft in Sindelfingen ausgelöst. Mit zusätzlich einer Milliarde Dollar wird die Produktion von E-Autos vorbereitet und eine Batteriefabrik gebaut. Die Transportersparte von Daimler hat erst vor zwei Monaten ein neues Werk für die Produktion der wichtigsten Baureihe Mercedes-Benz Sprinter eröffnet. Die Truck-Sparte hat sechs Produktionsstätten in den USA, die Tochter Freightliner ist Marktführer bei den schweren Lastwagen.

Was machen VW und BMW?

VW-Konzernchef Herbert Diess verwies auf die Gespräche über eine Zusammenarbeit mit Ford. Die beiden Unternehmen verhandeln über die gemeinsame Produktion von Pick-ups. Diess deutete nach dem Treffen mit Trump an, dass Modelle von VW und Audi möglicherweise auch in US-Werken von Ford gebaut werden könnten. Ford-Verwaltungsratschef Bill Ford dämpfte jedoch die von Diess geweckten Erwartungen. Die Gespräche liefen zwar sehr gut, seien aber noch nicht so detailliert, sagte Ford in der Nacht zum Mittwoch der Nachrichtenagentur Bloomberg. Diess wiederholte zudem die bereits vorige Woche gemachte Ankündigung, dass in Nordamerika ein neues Werk für die Produktion von E-Autos für den US-Markt gebaut werden soll. BMW teilte mit, dass die Münchner schon 9,3 Milliarden Dollar (8,2 Milliarden Euro) in das US-Werk in Spartanburg (South Carolina) investiert haben. Bis 2021 seien Investitionen von weiteren 600 Millionen Dollar und die Schaffung von 1000 Arbeitsplätzen vorgesehen.

Was sagt die EU?

Die Autohersteller hatten versichert, dass sie sich vor der Stippvisite in Washington mit Brüssel und der Bundesregierung abgestimmt hätten. Nach dem Treffen herrscht indes weiter Verärgerung bei Europa-Parlamentariern. Abgeordnete aus dem Handelsausschuss des Europaparlaments haben heftige Kritik daran geübt, dass sich die deutschen Hersteller auf direkte Gespräche mit US-Präsident Trump eingelassen haben. Sie seien damit dem Kalkül von Trump auf den Leim gegangen, der die Europäer spalten wolle. Die deutschen Top-Manager hätten einen großen Fehler gemacht, die Einladung aus dem Weißen Haus, eingefädelt durch die US-Botschaft in Berlin, angenommen zu haben. Ein Abgeordneter der Christdemokraten fragt: „Warum haben Sie keinen Experten aus dem Umfeld von EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström mitgenommen?“ Der Chef des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange (SPD), sagt: „Es darf keinen Zweifel daran geben, dass die Kompetenzen in der Handelspolitik bei der EU liegen, nicht auf nationaler Ebene.“