Der Bundesgerichtshof hat kürzlich die Kündigungen Tausender Verträge für rechtens erklärt. Gleichwohl empfehlen Verbraucherschützer, einen Widerspruch zu prüfen. Denn wann genau die Bausparkassen das Vertragsverhältnis beenden dürfen, hängt vom jeweiligen Bauspartarif ab.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Obwohl der Bundesgerichtshof die Kündigungen zahlreicher Bausparverträge für rechtens erklärt hat, sollten Betroffene einen Widerspruch prüfen. „Die nach den Urteilen verbreitete Annahme, alle Verträge könnten zehn Jahre nach Zuteilungsreife gekündigt werden, kann so nicht stehen bleiben“, teilte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg nach einer Analyse der Urteilsbegründungen mit. „Der BGH gibt zu erkennen, dass die Rechtslage für sogenannte Renditetarife mit Treueprämie, Zinsbonus oder Bonus eine andere sein kann.“ Auch für Bausparer, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses minderjährig waren oder die mit hohen Renditeversprechen gelockt wurden, sehen die Verbraucherschützer Chancen für einen Aufschub der Kündigung.

 

Der Verband der Privaten Bausparkassen räumte ein: „In besonders gelagerten Einzelfällen könnte sich der Zeitpunkt des Beginns der Kündigungsfrist verschieben.“ Der BGH hatte am 21. Februar entschieden, Bausparverträge seien „im Regelfall zehn Jahre nach Zuteilungsreife kündbar“.

Zuteilungsreif ist ein Bausparvertrag, wenn der Kunde eine vertraglich vereinbarte Mindestsumme eingezahlt hat und zusätzlich eine gewisse Laufzeit erreicht ist, die je nach Tarif mehrere Jahre betragen kann. Bei Zuteilungsreife kann der Sparer entweder ein Darlehen oder die Auszahlung des bis dahin angesparten Guthabens beantragen. Viele Bausparer ließen ihre Verträge stattdessen einfach weiter laufen, weil die bei Vertragsabschluss vereinbarten Zinsen aus heutiger Sicht sehr attraktiv sind. Laut den Ende März veröffentlichten Entscheidungsgründen des BGH haben die Bausparkassen das Recht, sich zehn Jahre nach Zuteilungsreife von diesem „nicht mehr zeitgemäßen Zinssatz zu lösen“ (Aktenzeichen XI ZR 272/16).

Ausnahmen bei bestimmten Bonusverträgen

Der BGH weist aber auf eine Ausnahme hin: „Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn nach den vertraglichen Vereinbarungen der Bausparer z.B. im Falle eines (zeitlich begrenzten) Verzichts auf das zugeteilte Bauspardarlehen und nach Ablauf einer bestimmten Treuezeit einen (Zins-)Bonus erhält. In einem solchen Fall ist der Vertragszweck von den Vertragsparteien dahingehend modifiziert, dass er erst mit Erlangung des Bonus’ erreicht ist“.

Diese Ausnahmeregelung gilt indes nicht für alle Bausparverträge mit Zinsbonus. Denn bei einer der Kündigungen, die der BGH billigte, ging es gerade um einen Bonus-Vertrag. Die Prämie sei in diesem Fall aber von Beginn der Vertragslaufzeit an gezahlt worden und falle deshalb nicht unter die vom BGH erörterte Sonderregelung, erläutert Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Einzelfallprüfung erforderlich

Ausgesprochen wurden die vom Bundesgerichtshof für rechtens erklärten Kündigungen von der Bausparkasse Wüstenrot. Das Unternehmen räumt ein: „In Einzelfällen kann es bei anderen Tarifvarianten möglich sein, dass hier Vertragskündigungen erst zeitversetzt durchgeführt werden können.“ Bei welchen Tarifen genau Bausparer eine Kündigung wie lange abwehren können, „muss anhand der jeweiligen vereinbarten Vertragsbedingungen geprüft werden“, kommentiert der Stuttgarter Anwalt Oliver Renner, der im Herbst ein Grundsatzurteil gegen die Darlehensgebühren für Bausparverträge erwirkt hatte. Die Verbraucherzentrale hat für Sparer mit Bonus-Verträgen einen Musterbrief für Widersprüche aufgesetzt.

Zu einem Beratungsgespräch raten die Verbraucherschützer Bausparern, die bei Vertragsabschluss noch minderjährig waren oder „absehbar nicht über die finanziellen Verhältnisse zum Erwerb von Wohneigentum verfügen“. Hier könne der vom Bundesgerichtshof als „Regelfall“ angenommene Vertragszweck, nämlich die Erlangung eines Bauspardarlehens, nicht unterstellt werden. Denkbar sei auch, dass Werbeaussagen wie „der Renditerenner“ den Vertragszweck beeinflussten. Dieser ist laut BGH entscheidend für die Rechtmäßigkeit der Kündigung.