Nach einem höchstrichterlichen Urteil forderten Kunden Gebühren von der Volksbank Welzheim zurück – und wurden gekündigt. Der Fall wird jetzt in Stuttgart verhandelt.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Darf eine Bank einem Kunden, der unter Berufung auf ein höchstrichterliches Urteil Gebühren zurückfordert, das Konto kündigen? Ja, argumentierte der Anwalt der Volksbank Welzheim am Dienstag vor dem Landgericht Stuttgart. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg wirft dem Institut dagegen vor, seine Kunden daran hindern zu wollen, „ihre rechtmäßigen Ansprüche durchzusetzen“. Das Landgericht will sein Urteil am 15. Februar verkünden (Aktenzeichen: 34 O 98/21 KfH).

 

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Die Volksbank Welzheim hat im vergangenen Jahr rund 40 Kunden ihr Girokonto gekündigt, weil sie nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) die Erstattung von Kontogebühren verlangten. Der BGH hatte im vergangenen Frühjahr das von Banken und Sparkassen jahrzehntelang praktizierte Verfahren für Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), darunter auch Preisänderungen, für ungültig erklärt.

Folgenschweres Urteil

Mittlerweile haben die Institute, wie vom BGH gefordert, nachträglich die ausdrückliche Zustimmung ihrer Kunden zu den aktuellen Gebühren eingeholt. Da diese in der Vergangenheit fehlte, konnten Bankkunden sich jedoch Kosten erstatten lassen, die vor dem Urteil durch Entgelterhöhungen entstanden sind.

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Die Volksbank Welzheim hatte erst Anfang 2020 eine Monatsgebühr von fünf Euro für das zuvor kostenlose Schwabenkontoprivat eingeführt. Nach dem BGH-Urteil wies sie ihre Kunden im vergangenen Juli darauf hin, dass sie die bis dahin aufgelaufenen Gebühren zurückfordern könnten. Sie rief die Kontoinhaber aber auf, auf eine Erstattung zu verzichten. Dafür garantiere sie, die Kontogebühren bis Ende 2022 stabil zu halten.

Die Volksbank verteidigt ihr Vorgehen

Im Falle einer Ablehnung dieses „Angebots“ müsse der Kontovertrag gekündigt werden, hieß es in dem Kundenanschreiben weiter – was in gut 40 Fällen auch geschah. „Der BGH hat Bankkunden in seinem Urteil einen Erstattungsanspruch zugestanden, aber keinen Schutz vor Kündigung“, sagte der Anwalt der Volksbank, Ferdinand Scholl, gegenüber unserer Zeitung nach der Verhandlung.

Die Volksbank sei transparent vorgegangen und habe ihren Kunden ein faires Angebot gemacht, da ein Pauschalpreis von fünf Euro für ein Konto mit Filialnutzung günstig sei, argumentierte Scholl. Dieser Preis sei Ergebnis einer „knallharten Kalkulation“ die sich bei einer Gebührenerstattung für die rund 9000 betroffenen Konten nicht aufrecht erhalten ließe. Diese hätte allein für das Jahr 2020 gut 500 000 Euro gekostet.

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Grundsätzlich haben Finanzinstitute das Recht, Kunden unter Einhaltung einer angemessenen Frist zu kündigen – sogar ohne Angabe von Gründen. Wie die Verbraucherzentrale halten auch einige Bankrechtsexperten die Kündigung im vorliegenden Fall aber für rechtsmissbräuchlich, weil sie darauf gerichtet sei, die Kunden von der Durchsetzung berechtigter Ansprüche abzuhalten.

Klagen gegen weitere Banken

Die Verbraucherzentrale in Stuttgart hat Unterlassungsklagen gegen zwei weitere Banken angestrengt, weil diese sich um die Rückzahlung von Kontogebühren zu drücken versuchten. Eine Klage richtet sich gegen die Sparda-Bank Baden-Württemberg. Hier geht es nach Darstellung der Verbraucherzentrale um eine Kündigungsandrohung. In einem Verfahren gegen die Volksbank Ludwigsburg wollen die Verbraucherschützer wissen, ob von den Kunden verlangt werden kann, ihre Erstattungsansprüche selbst zu berechnen. In einem zweiten geht es darum, ob als Zustimmung zu den aktuellen Kontogebühren auch die fortwährende Nutzung des Kontos gewertet werden darf.