Welche Auswirkungen die Bluttat eines 24-Jährigen für Hochdorf hat, bei der ein 56-jähriger Mann starb, ist noch unklar. Das gute Zusammenleben im Ort steht zur Debatte und Angst ist auch spürbar.

Region: Corinna Meinke (com)

Die Stimmungslage in Hochdorf ist nach dem gewaltsamen Tod eines 56-Jährigen am vergangenen Freitag gedrückt. Wer das Gespräch mit Passantinnen und Passanten im Ort sucht, trifft auf bestürzte Minen. Schockiert hat die Menschen aber nicht nur der Angriff am hellen Mittag auf das aus Hochdorf stammende Opfer. Auch die Sorge um die Sicherheit und das Zusammenleben beschäftigt die Hochdorfer. Die Kripo hat den 24-jährigen mutmaßlichen Täter verhaftet, die Ermittlungen dauern an.

 

Der Besuch im Verein fiel aus

„Man denkt, in diesem kleinen Ort kann nichts passieren“, sagte eine Hochdorfer Mutter, die vor der Grundschule auf ihr Kind wartete. Weil die Situation am vergangenen Freitagnachmittag unklar war, fiel der Besuch der Kinder beim Sportunterricht aus, so sei es mit den Übungsleitern beim TV Hochdorf besprochen worden, erläuterte Frau B.

Sie sei nun etwas vorsichtiger, aber Angst um ihre Kinder habe sie nicht und sie lasse sich vom Geschehen auch nicht in ihrem Alltag einschränken. Die 36-Jährige kritisierte eine pauschale Vorverurteilung von Geflüchteten. Inzwischen wurde bekannt, dass es sich laut Polizei beim Tatverdächtigen um einen afghanischen Staatsangehörigen handelt. Sein Status ist aber noch nicht bekannt.

Am Freitag war der Tatort von den Ermittlungs- und Rettungskräften komplett Foto: SDMG// Kohls

„Man sollte über Ausländer nicht schlecht denken und alle über einen Kamm scheren, zumal man nicht weiß, was genau passiert ist“, forderte die Gastronomin Diane Oerkue, die halb deutscher, halb amerikanischer Abstammung ist. „Wer kommt, muss sich an unsere Lebensweise anpassen oder zuhause bleiben“, und die Fluchtursachen müssten in den Heimatländern bekämpft werden, erklärte ein 88-jähriger Rentner, der ähnlich wie eine 62-Jährige den eigenen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. „Wir werden nicht richtig informiert und von den Politikern wird alles abgetan“, erklärte die Frau, bei der die Tat Angst ausgelöst hat. Und sie fürchte persönliche Angriffe, ergänzte die Hochdorferin. Aus Sorge um ihre Sicherheit geht eine weitere Hochdorferin schon seit Jahren meist nur mit Pfefferspray aus dem Haus. Das habe sie auch für ihre erwachsene Tochter besorgt, berichtete Frau D.

Möglicherweise haben Falschmeldungen in den sozialen Medien zusätzlich zur Verunsicherung beigetragen. So sei am Freitag die Nachricht in einer Hochdorfer Whatsapp-Gruppe kursiert, wonach es einen Amoklauf im örtlichen Rathaus gegeben habe, das berichteten mehrere der Gesprächspartner.

Der Bürgermeister zeigt sich bestürzt

Ein 48-jähriger, zweifacher Vater betonte hingegen, das Zusammenleben mit den Geflüchteten funktioniere, so habe er es vor allem im örtlichen Kindergarten erlebt. „Die Tat ist sehr schlimm.“ Wenn Menschen keine Arbeit haben, mache das Depressionen und Sorgen, sagte der Obst-und Gemüsehändler Erdal Gümüstekin, deshalb beschäftige er auch Geflüchtete. „Ich habe keine großen Vorbehalte, man muss auf die Leute zugehen, offen sein und helfen statt weggucken“, forderte Gerhard Rast vom Fairtrade-Förderverein. Die Tat habe auch ihn erschüttert.

Nationalität und jeweiliger Glaube findet der Gastronom Abdurrahman Yazici nicht wichtig. Nach der schrecklichen Tat frage er sich aber, was mit den Menschen los sei. „Wir sind alle sehr bestürzt und zugleich froh, dass der Tatverdächtige so schnell gefasst werden konnte“, lässt sich indes Bürgermeister Gerhard Kuttler zitieren. „Die unklaren Hintergründe lassen uns fassungslos und ratlos zurück.“ Unsere Gedanken sind beim Opfer, bei den Helfern und Passanten.“