Nach einem Brand am Stuttgarter Hauptbahnhof war der Bahnverkehr zeitweise komplett eingestellt worden. Viele Pendler fühlten sich schlecht informiert.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Esslingen/Stuttgart - Irgendwann zieht auch der letzte sein Handy aus der Hosentasche. Dienstagmorgen, Bahnhof Esslingen, 8.35 Uhr rum. Es fährt nicht ein Zug Richtung Stuttgart. Aus gutem Grund: Am Stuttgarter Hauptbahnhof brennt es gerade, er ist komplett gesperrt. Die Lautsprecheransage verkündet stoisch Zugverspätungen, Regionalexpress soundso kommt fünf Minuten später, dann zehn Minuten und so weiter. Darüber, dass am Dienstag bis 15 Uhr überhaupt kein Zug mehr nach Stuttgart einfahren wird und auch die S-Bahn erst wieder ab 10 Uhr, verliert die Deutsche Bahn kein Wort. Auch anderenorts gibt es Kommunikationsprobleme.

 

Das Warten in der Kälte macht die Fahrgäste Esslingen sauer. „Wie beim Bahnstreik, nur schlimmer“, flucht ein Mann, vielleicht Mitte vierzig, nachdem sich das ganze Ausmaß der Sperrung langsam abzeichnet. Die Stimmung wird kurz besser, als eine Regionalbahn am Gleis 3 einfährt, umjubelt von den Wartenden. Die Ernüchterung setzt schnell ein, als klar wird, dass der Zug hier erst mal endet.

Fahrgäste im Bahninneren wollen gehört haben, dass immerhin die S-Bahn noch fahre. Also geht es im Tross mit einigen Hundert Menschen zu Gleis 8.

Die S1 lässt auch nicht lange auf sich warten. Erste Panik macht sich breit, die Massen drängt es zu den Türen – bei diesem Menschenmengen ist ja nicht garantiert, dass am Ende alle in die Bahn passen. Der Lokführer lehnt sich aus dem Führerhaus und alle Hoffnung, wenigstens gequetscht einen Stehplatz zu finden, ist dahin: „Dieser Zug endet hier.“

Wirrwarr bei der Kommunikation

Zu allem Überfluss verwirren die Lautsprecheransagen und Anzeigetafeln weiter. „Nächste Möglichkeit nach Stuttgart an Gleis drei“, heißt es plötzlich, während die Regionalbahn an Gleis 3 „Nicht einsteigen“ anzeigt. Laut den Tafeln haben manche Züge zwar Verspätung, aber davon, dass der Verkehr auf unbestimmte Zeit komplett still steht, ist nichts zu erfahren.

Möglicherweise aber im Internet. Fahrgäste tippen nervös auf ihren Smartphones herum. Erste Medienberichte oder Tweets liefern zumindest die Info, dass ein Feuer am Stuttgarter Hauptbahnhof, also wirklich höhere Gewalt, für das Schlamassel verantwortlich ist. Vielleicht hilft ja die VVS-App – die nicht von der Bahn, sondern vom Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart betrieben wird – um eine alternative Verbindung rauszulassen und die ruhende Trasse einfach zu umfahren.

Von Esslingen nach Stuttgart gibt es einen ÖPNV-Schleichweg über Ostfildern, mit der Stadtbahnlinie U7 kommt man in einer knappen halben Stunde in die Stuttgarter Innenstadt. Ärgerlich nur, wenn die App anzeigt, dass die Bahnen von Esslingen aus ganz normal fahren würden und die Technik die direkte Strecke aufgrund der kürzeren Fahrzeit bevorzugt. Also gilt es erst mal rauszufinden, welcher Bus überhaupt in Ostfildern hält. Wenigstens verteilt sich die Menschenmasse so etwas über den Bahnhofsvorplatz auf der Suche nach dem 119er-Bus Richtung Denkendorf oder anderen Bussen, die die Neckarvororte anfahren.

Die Deutsche Bahn entschuldigt sich

Wie konnte das passieren? Bei der Deutschen Bahn ist bekannt, dass es auch in den anderen an Stuttgart angrenzenden Landkreisen zu ähnlichen Problemen in Sachen Kommunikation kam. „Wir entschuldigen uns dafür und arbeiten an einer Verbesserung“, sagt ein Sprecher des Unternehmens. Die Bahn bittet aber um Verständnis dafür, dass die Züge den Hauptbahnhof nicht ansteuern konnten. Sicherheit gehe vor.

Der Deutschen Bahn die alleinige Schuld an den Kommunikationsproblemen zuzuschieben, wäre allerdings falsch. An der Kommunikation mit den Fahrgästen sind auch andere Betriebe beteiligt, die im Regionalverkehr mitmischen – Go-Ahead zum Beispiel. Die Systeme in Esslingen werden allerdings von Bahn-Unternehmen betrieben.

Grund für den Brand war laut Polizei vermutlich ein Kurzschluss einer Stromleitung im Expressguttunnel, der unter den Gleisen verläuft, womöglich bedingt durch einen Wasserschaden. Erwischt hat es dabei auch ausgerechnet eine Kommunikationsanlage.