Aus für Bruno Labbadia Es passt beim VfB Stuttgart hinten und vorne nicht mehr

Bruno Labbadia hat in seiner zweiten VfB-Amtszeit nur einen Bundesligasieg gefeiert. Foto: Baumann/Cathrin Müller

Beim VfB Stuttgart ist die Mission von Bruno Labbadia gescheitert. Die Krise ist aber keine rein sportliche. Wenige Wochen vor dem Saisonende passt beim VfB fast gar nichts mehr, kommentiert unser Autor Dirk Preiß.

Sport: Dirk Preiß (dip)

Womöglich wird man die Zeit zwischen Dezember 2019 und November 2022 irgendwann als Spanne mit einem surrealen Touch in Erinnerung haben. In diesem Zeitraum nämlich beschäftigte der VfB Stuttgart nur einen einzigen Cheftrainer für seine Mannschaft in der Fußball-Bundesliga. Pellegrino Matarazzo war sein Name. Doch nun, nur wenige Monate nach Ende dieser kleinen Ära, ist der Club vollends zurück im Hire-and-Fire-Modus des vergangenen Jahrzehnts. Trainer Nummer vier in dieser Saison soll in acht verbleibenden Spielen den Kraftakt schaffen und das Team zumindest noch auf den Relegationsplatz führen.

 

Geschichte ist nun also Bruno Labbadia, dessen zweite Mission am Neckar krachend scheiterte. Aber mit dieser verheerenden Bilanz der vergangenen Wochen und Monate steht der 57-jährige Trainerroutinier nicht alleine da. Ganz im Gegenteil.

Die VfB-Oberen, allen voran Alexander Wehrle und Präsident Claus Vogt in ihren Funktionen als Vorstandsvorsitzender und Sportvorstand beziehungsweise Aufsichtsratschef der VfB AG, haben die Weichen zuletzt völlig falsch gestellt. Die Idee, mitten in der Saison das sportliche Führungspersonal zu tauschen und Labbadia als Feuerwehrmann zu installieren, stellte sich als Rohrkrepierer heraus. Anstatt langsam zu gesunden, steht der Club mal wieder am Abgrund. Sportlich, finanziell, atmosphärisch. Das kürzlich noch recht stabile Gebilde VfB Stuttgart ist durchzogen von Rissen. Auf allen Ebenen.

Der Kader hat seine Tauglichkeit nicht bestätigt

Den Kader, der seine Ligatauglichkeit in dieser Saison bislang nicht unter Beweis gestellt hat, hat noch der Ex-Sportdirektor Sven Mislintat zusammengebastelt – in enger Abstimmung mit Sportvorstand Wehrle, der stets betonte, man habe 17 Transferaktivitäten im vergangenen Sommer gemeinsam abgewickelt. Kurz nach eben diesem Sommer brüskierte er Mislintat dann jedoch mit der Einstellung zweier externer Berater (Sami Khedira und Philipp Lahm). Die folgende Hängepartie um eine Vertragsverlängerung des beliebten Sportdirektors lähmte im Herbst den ganzen Club.

Dass im Anschluss an die Freistellung Matarazzos keine schnelle und klare Nachfolgeregelung für die Cheftrainerposition getroffen worden ist, gehört ebenso zu den Puzzlesteinen einer bislang völlig verkorksten Spielzeit. Weil man sich auf keinen externen Kandidaten einigen konnte, wurde Michael Wimmer von der Interims- zur Toplösung und musste am Ende dennoch gehen. Vordergründig, um den gewollten Neuanfang glaubwürdig vollziehen zu können. Es kam Fabian Wohlgemuth als neuer Sportdirektor, danach heuerte Labbadia an, dessen Verpflichtung aber wohl schon davor beschlossene Sache gewesen ist. Jetzt wurde Sebastian Hoeneß verpflichtet – den man wohl auch schon im Herbst hätte haben können.

Nun, da auch die zweite Episode mit dem Bundesliga-Urgestein Labbadia Vergangenheit ist, bleibt festzuhalten: Es passt hinten und vorne nicht mehr beim VfB Stuttgart – das zeigte nicht zuletzt die trotz Absehbarkeit und Länderspielpause erneut quälend lange Entscheidungsfindung in der aktuellen Causa Labbadia. Schnelle, klare und effiziente Entscheidungswege? Gibt es nicht mehr.

Den VfB treiben zudem unter anderem die Kosten des Stadionumbaus an die wirtschaftlichen Grenzen und immer wieder zu Spielerverkäufen. Der Hauptsponsor hat die Lust am VfB mehr und mehr verloren und reduziert sein Engagement empfindlich, ein neuer Trikotsponsor ist noch nicht bekannt, von weiteren Investoren ganz zu schweigen. Man sei in guten Gesprächen – die Zustandsbeschreibung auf diesem Feld ist mittlerweile ein Running-Gag. Aber leider kein lustiger.

Personelle Folgen eines Abstiegs?

Vom exquisiten Tunnelclub der neuen Haupttribüne aus jedenfalls sieht man demnächst womöglich Zweitligaspieler auf den Rasen laufen. Ein Horrorszenario. Nicht nur aus Sicht der Marketingabteilung des VfB. Wird dieses in den nächsten Wochen unter Sebastian Hoeneß, der in der Bundesliga bislang zwei Jahre bei der TSG Hoffenheim als Chefcoach gearbeitet hat und als Gegenentwurf zu Bruno Labbadia einen besseren Draht zu den Spielern finden soll, nicht doch noch abgewendet, steht der VfB endgültig vor einem Scherbenhaufen. Den er mit seinem toxischen Spiel der persönlichen Eitelkeiten in unterschiedlichsten Gremien und Ämtern mal wieder selbst verursacht hat. Dann stellen sich weitere Fragen. Nicht nur sportliche und wirtschaftliche. Sondern auch weitere personelle.

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