Die Ökopartei will im Bund regieren und sucht verstärkt das Gespräch mit Managern und Unternehmen. Der Bundestagsabgeordnete Danyal Bayaz aus Heidelberg soll dafür sorgen, dass die Verbindungen in die Wirtschaft stärker werden.
Berlin/Heidelberg - Nach dem Abschied der Freiburgerin Kerstin Andreae aus der aktiven Politik soll auch künftig ein Bundestagsabgeordneter aus Baden-Württemberg die Vernetzung der Grünen mit der Wirtschaft forcieren. Wie die Fraktion in Berlin beschloss, wird der Parlamentarier Danyal Bayaz (36) fortan den grünen Wirtschaftsbeirat leiten. Dem Gremium gehören zahlreiche Vertreter unterschiedlicher Branchen an. Es dient als Plattform für einen regelmäßigen Dialog der Partei mit Managern und Unternehmen. Mitglieder sind unter anderem der ehemalige Bosch-Geschäftsführer Rolf Bulander und der Vorstandschef des weltgrößten Chemiekonzerns BASF, Martin Brudermüller.
Die Grünen, die sich angesichts ihres Höhenflugs in den Umfragen selbst als Regierungspartei im Wartestand betrachten, rechnen dem Austausch mit der Wirtschaft inzwischen höchste Bedeutung zu. Sie wollen auf diese Weise neue Verbündete für mehr Umwelt- und Klimaschutz auch jenseits der klassischen Klientel gewinnen und die eigenen Ideen auf Praxistauglichkeit abklopfen.
Der grüne Wirtschaftsbeirat wurde vor rund einem Jahr auf Initiative der langjährigen Abgeordneten Andreae (50) ins Leben gerufen, die dann auch die Leitung übernahm. Weil die Politikerin zum 1. November Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung beim Energie-Branchenverband BDEW wird, gibt sie ihr Bundestagsmandat auf.
Bayaz hat in Stuttgart-Hohenheim studiert
Andreae und Bayaz sind beide Vertreter des grünen Realo-Flügels. Sie stehen dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann nahe. Der Abgeordnete Bayaz, der deutsche und türkische Wurzeln hat, stammt aus Heidelberg und zog 2017 über die Südwest-Landesliste in den Bundestag ein. Dort vertritt er den Wahlkreis Bruchsal-Schwetzingen.
Bayaz studierte in Stuttgart-Hohenheim, promovierte über Finanzmärkte und arbeitete vor seinem Wechsel in die Politik für die Unternehmensberatung Boston Consulting. Im Bundestag ist er Mitglied im Finanzausschuss. Im Gespräch mit unserer Zeitung sagte er, dass er sich sehr auf die neue Aufgabe freue. „Die Erwartungshaltung an uns Grüne ist groß in Wirtschaft und Gesellschaft.“ Es sei spannend, mit der Industrie „auf Augenhöhe“ zu diskutieren. Ohne die Mitwirkung von Unternehmen seien eine ökologische und soziale Transformation nicht möglich.
Durch den Weggang Andreaes mussten in der Grünen-Fraktion auch weitere Funktionen neu besetzt werden. Neue wirtschaftspolitische Sprecherin ist die Kölner Abgeordnete Katharina Dröge (35). Sie gehört der Parteilinken an. Neuer Obmann der Grünen im Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie ist der Münchner Abgeordnete Dieter Janecek (43), der zugleich auch als Sprecher für Industriepolitik und digitale Wirtschaft fungiert. Janecek ist ebenfalls ein Vertreter des Realo-Flügels.