Nach dem Brand in der Traube Tonbach Nur eine schnelle Lösung sichert die Sterne

Der Brand hat am Sonntag die drei A-la-carte-Restaurants der Traube Tonbach zerstört, darunter die berühmte Schwarzwaldstube. Foto: Andreas Rosar

Die Schwarzwaldstube in der Traube Tonbach ist Deutschlands dienstältestes Spitzenlokal. Doch was wird nach dem Brand aus den Sternen? Schon im März wird der neue Michelin-Führer vorgestellt.

Baiersbronn - Nach dem Großfeuer in der Traube in Tonbach bei Baiersbronn haben sich Kriminaltechniker und Sachverständige für Brandursachen am Brandort ein erstes Bild gemacht. Derweil arbeitet die Eigentümerfamilie Finkbeiner fieberhaft an einer Übergangslösung für ihre mit drei Sternen ausgezeichnete Schwarzwaldstube. „Es laufen konkrete Gespräche“, bestätigte eine Sprecherin.

 

Die knapp 50 Mitarbeiter aus der Küche und dem Service der drei abgebrannten A-la-Carte-Restaurants – Schwarzwaldstube mit drei Sternen, die Köhlerstube mit einem Stern und die Bauernstube – würden in jedem Fall weiter beschäftigt, kündigte der Seniorchef Heiner Finkbeiner bereits an. Über die Feuerversicherung ist ihre Bezahlung gesichert. Dennoch drängt die Zeit. Schließlich geht es auch um den Status als Deutschlands ältestes Drei-Sterne-Restaurant. Seit 27 Jahren hält sich die Schwarzwaldstube ununterbrochen in der Spitzengruppe, länger als jede andere Lokalität in Deutschland. Dies ist jetzt in Gefahr. Am 3. März wird in Hamburg der neue „Guide Michelin“ vorgestellt. Bis dahin muss klar sein, ob es eine Interimslösung gibt. Denn bis zur Eröffnung eines Neubaus dauert es mindestens ein Jahr – zu lange, um nicht aus dem 2020er Heft zu fliegen, auch wenn der Restaurantbesuch der Kritiker – woran in Branchenkreisen niemand zweifelt – wohl längst stattgefunden und eine Bestätigung der Sterne erbracht hat.

Michelin zeigt Mitgefühl

In der Michelin-Redaktion hat man sehr wohl Mitgefühl mit den Finkbeiners. „Wir bedauern den Brand außerordentlich. Die Schwarzwaldstube setzte über viele Jahrzehnte hinweg Maßstäbe in der deutschen Spitzengastronomie“, erklärte der Chefredakteur Ralf Flinkenflügel gegenüber unserer Zeitung. Über Empfehlungen in der 2020er Ausgabe könne er zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber keine Aussagen machen. „Wir stehen jedoch in direktem Kontakt mit Heiner Finkbeiner“, sagte Flinkenflügel.

Klar ist, dass ein Gastronomiebetrieb, den es nicht gibt, der Leserschaft schwerlich empfohlen werden kann. Anders läge der Fall bei einer vorübergehenden Schließung. Allerdings dürfte die Michelin-Redaktion hier vorsichtig geworden sein. Im vergangenen Jahr hatte sie ihre Empfehlung für die Alte Vogtei in Köngen im Heft stehen gelassen. Dabei war das Restaurant seit Monaten geschlossen – für die Restaurantkritiker ein peinlicher Fauxpas. Man habe angenommen, die Schließung währe nur wenige Wochen, verteidigte sich die Redaktion damals.

Schlaflose Nächte vor Erscheinen des Restaurantführers

Derweil herrscht in der Sternegastronomie im Land Betroffenheit über den Brand. „Es ist eine unglaublich schwierige Situation“, sagte Spitzenkoch Martin Herrmann vom Hotel Dollenberg im Schwarzwaldort Bad Peterstal-Griesbach, der keine Stunde von Baiersbronn entfernt liegt. Die Kundschaft müsse auf einen Schlag auf ausgezeichnete Restaurants verzichten. Für die Betreiber und Mitarbeiter, die nun vieles neu aufbauen müssten, sei das Unglück dramatisch. „Da steckte so viel Herzblut drin“, sagte Herrmann, der seit 2010 im Le Pavillon auf Zwei-Sterne-Niveau kocht und die schlaflosen Nächte vor Erscheinen des nächsten Restaurantführers bestens kennt.

„Es wird weitergehen, so ein Unternehmen wie die Traube Tonbach wirft so schnell nichts um“, sagte der 53-jährige Gourmetkoch, der selbst viele Geburtstage in der Schwarzwaldstube gefeiert hat und die Leistung des befreundeten Küchenchefs Torsten Michel überaus schätzt. Eine Ausweichlokalität sei existenziell für den Betrieb. Viele Hotelgäste kämen, um im Gourmetlokal zu essen und würden ansonsten womöglich wegbleiben.

„Gourmethauptstadt Deutschlands“

Ob die Kunden auf andere Sternerestaurants ausweichen, vermochte Herrmann nicht zu sagen. Eine Alternative gäbe es direkt in Baiersbronn. Das Traditionshotel und Restaurant Bareiss bringt es ebenfalls auf drei Sterne, eine solche Dichte ist bundesweit einzigartig. „Wir sind die Gourmethauptstadt Deutschlands“, sagt die Bareiss-Sprecherin Uta Schlagenhauf. Der Wettbewerb habe zu immer neuen Leistungen angestachelt. „Es sind hier tolle Unternehmerfamilien mit viel Leidenschaft für Gastronomie und Hotelerie“, betont Schlagenhauf. Die Familien Bareiss und Finkbeiner seien seit Jahrzehnten freundschaftlich verbunden. „Das Ganze tut einem im Herzen weh, das 230 Jahr alte Stammhaus war Geschichte“, bedauert sie.

Der „anfängliche Schockzustand“ nach so einer Tragödie ist ihr vertraut. „Wir hatten im Oktober 1993 einen Küchenbrand und mussten damals bis Ende des Jahres schließen.“ So ein Unglück sei aber auch eine Chance, um etwas Neues anzupacken und Abläufe zu optimieren. „Wir stehen auf jeden Fall bereit, wenn Hilfe benötigt wird“, verspricht Schlagenhauf.

Noch eine Küche ist dicht

Und noch ein Ein-Sterne-Haus ist in dem 16 000-Einwohner-Ort beheimatet. Allerdings ist das Restaurant Schlossberg im Hotel Sackmann ebenfalls geschlossen – wenn auch nur bis in den März hinein. „Wir bauen in mehreren Etappen um“, sagt Jörg Sackmann. Der Spitzenkoch hat wie sein Sohn Nico in der Traube gelernt und ist schockiert angesichts des Brandes. „Eine furchtbare Sache“, sagt er. Er hoffe auf einen „schnellen Wiederaufbau“.

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