Einst galt er als möglicher Kretschmann-Nachfolger, dann kam der jähe Absturz. Doch nun startet der frühere Agrarminister Alexander Bonde jenseits der Politik durch.

Osnabrück - Den Trachtenjanker trägt Alexander Bonde immer noch gern. Doch an der Stelle, wo früher der Baden-Württemberg-Pin mit den Stauferlöwen steckte, prangt nun die Nadel der DBU. Die drei Buchstaben stehen für Deutsche Bundesstiftung Umwelt, das ist die größte Umweltstiftung Europas mit einem Vermögen von mehr als zwei Milliarden Euro. Im Februar trat Bonde am Stiftungssitz in Osnabrück seinen neuen Job als Geschäftsführer an – eine Personalie, die auch im fernen Baden-Württemberg mit Interesse registriert wurde. Denn der frühere Minister für den ländlichen Raum im ersten Kabinett Kretschmann, der im Mai 2016 sein Amt mehr oder weniger freiwillig aufgegeben hatte, beendete damit eine lange berufliche Durststrecke.

 

„Ob Naturschutz oder Mittelstandförderung – alles, was ich bisher gemacht habe, passt ideal zur DBU“, sagt der 43-Jährige, der nach seinem Abschied aus der Politik bei einer Unternehmensberatung für Green-Tech gearbeitet hat. Jetzt ist er Chef von 150 Mitarbeitern, residiert in einer alten Villa inmitten eines Parks, und man spürt seine Genugtuung über diesen Karriereschritt jenseits der Politik.

Schmerzhafte Niederlagen

Das ist auch wenig verwunderlich, denn die Umstände seines Rückzugs müssen für ihn schmerzhaft gewesen sein. Mitten in der Phase der Regierungsbildung hatte ihn eine Grünen-Parteifreundin, mit der der verheiratete Vater von drei Kindern ein Verhältnis hatte, über Facebook öffentlich geschmäht. Hinzu kam, dass das Agrarministerium 2016 auf dem grün-schwarzen Basar der Regierungsposten an die CDU fiel. Eine tiefe Wunde hat bei dem Freiburger auch seine Niederlage im Ringen um einen Landtagswahlkreis geschlagen: Ausgerechnet in seiner Geburtsstadt unterlag er dem direkt gewählten Wahlkreisabgeordneten Reinhold Pix.

„Ich bin 2016 bewusst aus der Politik ausgestiegen und will auch nicht zurück“, beteuert der frühere Bundestagsabgeordnete, der in seiner Amtszeit als Minister immer wieder als möglicher Kretschmann-Nachfolger genannt worden war. Auf dem Landesparteitag der Grünen im vergangenen Januar wollte er eigentlich für den Parteirat kandidieren, doch mit Blick auf Osnabrück zog er die Bewerbung zurück: „Für mich wäre das nicht stimmig gewesen, denn ich arbeite für eine überparteiliche Stiftung“, sagt er. Das hätte das falsche Signal gesetzt.

Gut vernetzt in Berlin

Doch bis heute ist er im Politikbetrieb gut vernetzt. Das hat ihm den nicht einfachen Sprung auf den Chefsessel der DBU gewiss erleichtert. Zwar gilt der Politikprofi, der im Bundestag unter anderem Fraktionssprecher der Grünen für Haushaltspolitik war, als hervorragend qualifiziert. Doch Bonde, der zunächst Rechts-, dann Verwaltungswissenschaft studiert hat, fehlt ein akademischer Abschluss. Auch mancher Professor hat mit dem Spitzenjob in Osnabrück geliebäugelt, der einen Jahresverdienst von 160 000 Euro einbringt. Dass bei der Abstimmung im vergangenen November am Ende ein Grüner die Nase vorn haben würde, war ohnehin nicht zu erwarten. Denn die DBU gilt eigentlich als eine „schwarze“ Institution, zumindest gehören ihre bisherigen Geschäftsführer Fritz Brickwedde und Heinrich Bottermann der CDU an.

An der Spitze des 13-köpfigen Kuratoriums, das die strategischen Entscheidungen trifft, steht allerdings eine Sozialdemokratin: die parlamentarische Staatssekretärin im Umweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter. Die aus Waldshut stammende Umweltpolitikerin kenne und schätze den grünen Realo seit vielen Jahren, sagen Parteifreunde. Und noch ein weiteres (damaliges) Kuratoriumsmitglied war dem Kandidaten Bonde offenbar gewogen: Jens Spahn, heute Bundesminister für Gesundheit. Der CDU-Mann und der konservative Grüne kennen und schätzen sich aus gemeinsamen Bundestagszeiten. Bonde setzte sich am Ende gegen einen Abteilungsleiter aus der DBU und einen Angestellten aus dem Bundesforschungsministerium durch.

In vertrauten Gefilden

In Osnabrück knüpft er nun exakt an jene Themen an, die ihn bereits in Stuttgart als Ressortchef für Naturschutz, Tourismus und Landwirtschaft umgetrieben haben. „Wir fördern innovative Projekte zum Schutz der Umwelt“, sagt Bonde. Vor allem kleinen und mittleren Unternehmen greift die Stiftung bei der Entwicklung von umweltfreundlichen Verfahren und Produkten unter die Arme. Außerdem vergibt das Kuratorium, in dem Vertreter aus Politik, Verbänden, Wissenschaft und Unternehmen sitzen, jährlich den Deutschen Umweltpreis – mit 500 000 Euro der am höchsten dotierte Umweltpreis in Europa. Die Stiftung sei gut aufgestellt, sagt Bonde, und das Kuratorium lasse ihm einen großen Entscheidungsspielraum. Veränderungsbedarf sieht er kaum, allenfalls will er versuchen, die Stiftungsarbeit etwas stärker interdisziplinär zu gestalten. Er sei aber nicht eingestellt worden, um alles umzukrempeln.

Die DBU – das Stiftungsvermögen stammt im Wesentlichen aus dem Verkauf der bundeseigenen Salzgitter AG – ist außerdem einer der größten Eigentümer von Naturerbe-Flächen in Deutschland. Das sind vor allem ehemalige Militärgelände in Ostdeutschland, die nun Besuchern zugänglich gemacht werden sollen. Auch damit hat er Erfahrung: In Stuttgart fiel das Thema Konversion in seine Zuständigkeit.

Die vertrauten baden-württembergischen Gefilde lassen ihn aber doch nicht ganz los. Kürzlich postete er ein Bild auf Twitter von der Baustelle des Besucherzentrums im Nationalpark Schwarzwald – sein politisches „Baby“, mit dem sich heute auch ehemalige Gegner des Projekts gern schmücken. „Ich bin häufig im Nationalpark, ich wohne ja nach wie vor in Baiersbronn“, sagt Bonde, der mit der früheren CDU-Bundestagsabgeordneten Conny Mayer-Bonde verheiratet ist. Dann hebt er abwehrend die Hände. Soll heißen: Keine weitere Auskunft über private Verhältnisse.