Nach dem Putsch in Sudan Das Militär verspricht die Rückgabe der Macht

Sudans Präsident al-Baschir ist gestürzt, die Proteste gegen die neue Militärregierung gehen aber weiter.
Johannesburg - Graue Eminenzen zeichnen sich dadurch aus, dass sie, wenn es darauf ankommt, schweigen. Awad ibn Auf wurde noch am Tag des erzwungenen Rücktritts Omar al-Baschirs als Haupt des herrschenden Militärrats eingeschworen. Doch als die Generäle am Freitagmorgen in der Hauptstadt Khartum vor die Presse traten, sagte der ehemalige Vizepräsident und Verteidigungsminister fast nichts und ließ dafür den Chef des politischen Komitees des Militärrats, Generalleutnant Omar Zain al-Abidin, reden. Der schlug verblüffend versöhnliche Töne an: „Wir werden die Forderungen des Volkes beschützen“, sagte al-Abidin: „Wir werden uns nicht an die Macht klammern. Aber wir werden dafür sorgen, dass kein Chaos ausbricht.“
Zu den gefälligen Äußerungen seines Adlaten nickte die grauhaarige graue Eminenz nur sanft mit dem Kopf: Ob auch er hinter dem Friedensangebot des politischen Kopfes des Militärrats steht, bleibt vorerst sein Geheimnis. Zwar hatte ibn Auf schon zu Beginn dieser geschichtsträchtigen Woche etwas Ähnliches gesagt: „Wir verstehen die Sehnsucht der Bevölkerung“, hatte er am Montag nach einem Treffen der Armeeführung erklärt: „Doch die Geschichte wird uns nicht vergeben, wenn wir zulassen, dass dieses Land seine Sicherheit verliert.“ Solche Sätze klangen damals wie eine Drohung – auch vor dem Hintergrund dessen, was als ibn Aufs Überzeugung kolportiert wird. Bei einem Treffen des Sicherheitskomitees habe sich der General noch Anfang dieses Monats für ein brutales Eingreifen der Sicherheitskräfte gegen die Aufständischen starkgemacht, wird erzählt: „Wir sollten 100 Demonstranten töten. Der Rest wird dann bestimmt davonrennen“, soll er damals gesagt haben.
Am Donnerstag gab ibn Auf überraschend die Entmachtungs seines Mentors bekannt
Awad ibn Auf galt bis vor zwei Tagen als einer der treuesten Verbündeten des entmachteten Präsidenten al-Baschir. Von ihm wurde ibn Auf im Jahr 2003 in die Darfur-Provinzen geschickt, um als Chef des militärischen Geheimdienstes den Aufstand dort unter Kontrolle zu bringen. Ibn Auf baute dazu die Dschandschawid-Miliz auf. Bei dem noch immer anhaltenden Konflikt in der westsudanesischen Provinz kamen nach UN-Angaben bisher 300 000 Menschen ums Leben: Ibn Auf wurde deshalb von der US-Regierung auf die Sanktionsliste gesetzt. Vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ist der pensionierte General allerdings, im Gegensatz zu al-Baschir, nicht angeklagt.
Vor vier Jahren holte ihn der Präsident als Verteidigungsminister ins Kabinett. Und als al-Baschir in diesem Februar den Ausnahmezustand über das Land verhängte, machte er ibn Auf zum Vizepräsidenten. Die beiden Ex-Generäle schienen unzertrennlich: Bis ibn Auf am Donnerstag in einer TV-Ansprache die Entmachtung und Verhaftung seines Mentors bekannt gab.
Die Übergangsregierung soll von der Zivilgesellschaft gebildet werden
Das Militär werde nur für die Sicherheit sorgen, sagte al-Abidin: Die Übergangsregierung solle von der aufständischen Zivilgesellschaft selbst gebildet werden. Tatsächlich herrscht unter dem Volk Skepsis gegenüber dem Militärrat. „Sie haben den einen Dieb durch andere ersetzt“, skandieren Hunderttausende vor dem Hauptquartier der Streitkräfte in Khartum. Das Vertrauen in den Chef des Militärrats ist in der Bevölkerung gleich null. Diejenigen, die schon „das Land zerstört und seine Leute umgebracht“ hätten, versuchten „jeden Tropfen Blut und Schweiß“ zu stehlen, den das „sudanesische Volk in seinen Aufstand fließen“ ließ, heißt es in einer Erklärung der Organisatoren des Protests: „Unsere Revolution geht weiter.“
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