Nach dem Eklat bei dem Automobilzulieferer ZF in Friedrichshafen fragen sich die fast 140 000 Beschäftigten des Konzerns vor allem, wie es nun an der Spitze des Konzerns weitergeht. Am Dienstag tagt der Aufsichtsrat.

Chefredaktion: Anne Guhlich (agu)

Stuttgart - Nach dem Eklat bei dem Autozulieferer ZF in Friedrichshafen fragen sich die fast 140 000 Beschäftigten des Konzerns vor allem, wie es nun an der Spitze des Konzerns weitergeht. Am Donnerstag hatte der Autozulieferer mitgeteilt, dass der bisherige Chef Stefan Sommer den Konzern mit sofortiger Wirkung verlässt. Interimschef ist Finanzvorstand Konstantin Sauer.

 

„Ich respektiere die Entscheidung, die nun getroffen wurde“, sagte Achim Dietrich, Gesamtbetriebsratschef bei ZF dieser Zeitung. „Damit wieder Ruhe ins Unternehmen einkehrt, war dieser Schritt wahrscheinlich notwendig. Jetzt gilt es nach vorne zu schauen.“

ZF-Aufsichtsrat tagt am Dienstag

Am Dienstagvormittag tagt der ZF-Aufsichtsrat das nächste Mal. Ob dann bereits ein Nachfolger von Sommer präsentiert wird, ist ungewiss. „Ich wünsche mir einen Vorstandsvorsitzenden, der offen ist für neue Technologien, ohne das bestehende Geschäft zu vernachlässigen“, sagte Dietrich. „Er muss Mechanik und Elektronik verbinden können“, so der Arbeitnehmervertreter. Wie alle Automobilzulieferer und -hersteller steht ZF vor einem historischen Wandel. Der Übergang von den klassischen Verbrennern hin zu autonom fahrenden Elektroautos stellt die Branche vor enorme Herausforderungen. Hinter den Kulissen laufen offenbar schon längst Überlegungen, wer Sommer an der Konzernspitze nachfolgen kann, heißt es in Unternehmenskreisen – eine Handvoll Namen kursierten demnach bislang.

Seit 2012 erfolgreich an der Spitze gestanden

Sommer hatte den Konzern seit 2012 erfolgreich geführt, sich zuletzt aber mit Andreas Brand überworfen, der als Oberbürgermeister von Friedrichshafen der Zeppelin Stiftung vorsitzt. Diese hält 93,8 Prozent der ZF-Anteile. Der Anfang vom Ende der Ära Sommer war ein Interview, in dem der Manager gefordert hat, Brand möge sich weniger ins operative Geschäft einmischen. Der Oberbürgermeister und der Unternehmenschef waren sich unter anderem uneinig über die Höhe der Dividende und Sommers Expansionsstrategie.

Auf Arbeitnehmerseite findet Brand im Aufsichtsrat durchaus auch Fürsprecher: „Ich habe den Oberbürgermeister Brand als einen integeren Menschen kennengelernt. Dass er sich in das operative Geschäft eingemischt hat, kann ich nicht behaupten“, sagte Enzo Savarino, der Erste Bevollmächtigte der IG Metall in Friedrichshafen. „Es ist gut für das Unternehmen, wenn nun wieder Ruhe eingekehrt.“

ZF heute ein Weltkonzern

In einem Brief an die Mitarbeiter, der dieser Zeitung vorliegt, schreibt Sommer dass es ihm schwer falle, sich zu verabschieden. Die Arbeit in den vergangenen Jahren habe ihm Freude bereitet. „Der gemeinsame Erfolg war Ihnen und mir dabei ein wichtiger Antrieb.“ ZF sei heute ein Weltkonzern mit einem Produktportfolio und Technologiekompetenzen, die man dem Unternehmen vor drei Jahren nicht zugetraut hätte.