Anfang Oktober ist ein fünfjähriges Mädchen in einem Real-Supermarkt in Kirchheim schwer verletzt worden - viele Fragen bleiben offen.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Kirchheim/Neckar - Die Hintergründe des schweren Rollbandunfalls in einem Real-Einkaufsmarkt in Kirchheim am Neckar sind noch immer nicht restlos aufgeklärt. Am 6. Oktober ist dort ein fünfjähriges Mädchen von einem Rollband über eine Brüstung gezerrt worden und vier Meter in die Tiefe gestürzt, das Kind erlitt schwere Kopfverletzungen. Wie die Polizei mitteilt, wurde die Fünfjährige inzwischen aus dem Krankenhaus entlassen, aber exakte Informationen zum Gesundheitszustand liegen nicht vor. Der Geschäftsleiter des Einkaufsmarkts hat die Familie wenige Tage nach dem Unglück besucht. Damals sei es dem Mädchen "den Umständen entsprechend gutgegangen", berichtet ein Sprecher von Real.

 

Die Frage, wieso das Kind in die Tiefe stürzte, lässt sich noch immer nicht beantworten. Laut der Polizei gab es lediglich eine Augenzeugin. Die Eltern des Kindes seien zwar in der Nähe gewesen, hätten den Unfall aber nicht beobachtet. "Das passierte offenbar blitzschnell", sagt eine Sprecherin der Ludwigsburger Polizeidirektion. Das Kind befand sich auf einem Rollband, das zwei Stockwerke des Einkaufsmarktes verbindet. Die Beamten gehen davon aus, dass sich die Jacke des Mädchens im Gummihandlauf am Geländer verfing. Am Ende des Bandes habe der Handlauf das Kind über eine Brüstung gezogen, von dort sei es in die Tiefe gefallen. Die Polizei sagt nach dem vorläufigen Abschluss der Ermittlungen: "Es gibt keinen Hinweis auf einen technischen Defekt oder Fremdverschulden."

Kein Zusammenhang mit den Bauarbeiten

Der Real-Markt wird seit geraumer Zeit umgebaut. Während der Arbeiten am Gebäude waren im Januar Teile einer Decke eingestürzt, eine 58-jährige Frau wurde schwer verletzt. Diesmal gebe es keinen Zusammenhang mit den Bauarbeiten, betont die Polizei. "Der Umbau ist in diesem Bereich schon abgeschlossen, das Rollband ist neu." Vor der Inbetriebnahme hätten Experten die Anlage kontrolliert und genehmigt. "Alles ordnungsgemäß."

Unfälle auf Rolltreppen oder Rollbändern sind keine Seltenheit. Wenige Tage nach dem Vorfall in Kirchheim zog sich ein neunjähriger Junge in einem Ludwigsburger Einkaufsmarkt leichte Verletzungen zu, weil sich sein Gummistiefel in einer Rolltreppe verklemmt hatte. "So etwas passiert bei Kindern häufiger", berichtet Thomas Oberst, der Sprecher der Prüforganisation Tüv-Süd mit Sitz in München. Generell seien solche Unfälle meist auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen.

Sensoren lösen einen Nothalt aus

Die Rolltreppe in dem Ludwigsburger Einkaufszentrum schaltete sich ab, als die Schuhe des Jungen feststeckten - was womöglich eine schlimmere Verletzung verhinderte. Einen Nothalt lösen Sensoren aus, die in den Anlagen integriert sind - etwa in der Bodenplatte am Ende der Rolltreppe oder -bahn, aber auch in den Handläufen. Die Funktionsweise der Sicherheitsvorrichtungen muss regelmäßig von unabhängigen Experten kontrolliert werden.

"Ich will keine Spekulationen anstellen, denn der Tüv-Süd war für die Anlage in Kirchheim nicht zuständig", sagt Oberst. Aber dass ein Handlauf Kleidung einziehe, sei äußerst ungewöhnlich. "Uns ist kein vergleichbarer Vorfall bekannt. Wenn es wirklich so passiert sein sollte, hätte das Band eigentlich anhalten müssen."

Gut möglich, dass sich der exakte Hergang des Unfalls nie ganz aufklären lassen wird. Die Polizei wird ihr Untersuchungsergebnis jetzt an die Staatsanwaltschaft weiterleiten. "Wenn dort noch irgendetwas entdeckt wird, was ermittelt werden müsste, werden wir das machen", sagt die Polizeisprecherin. Andernfalls seien die Ermittlungen jetzt abgeschlossen.

Sicherheitsvorkehrungen auf Rollbändern

Gefahr für Kinder: "Bei richtiger Benutzung sind Rolltreppen und Rollbänder nicht gefährlich", sagt Thomas Oberst vom Tüv-Süd. "Aber auf Kinder üben die Anlagen eine große Anziehungskraft aus - und laden zum Spielen ein." Zahlreiche Unfallszenarien seien vorstellbar. Etwa, wenn Kinder sich am Handlauf hochziehen oder ihre Schuhe in die Schlitze am Boden drücken.

Vorsichtsmaßnahmen: Der Tüv rät Eltern, Kinder in Kaufhäusern niemals unbeobachtet zu lassen. Auf der Treppe oder dem Band sollten sich Erwachsene mit einer Hand am Handlauf abstützen und mit der anderen ihr Kind festhalten. Kinder sollten in der Mitte stehen und nicht nach dem Handlauf greifen. Hunde müssen getragen werden, damit kein Fell eingezogen werden kann.