Walter Wagner ist seit über 40 Jahren Ringarzt – und immer wieder schockiert über Todesfälle im Boxen. Der Bayreuther hat sich aber auch Gedanken gemacht, wie der Sport sicherer werden könnte.

Bayreuth - Nach dem tragischen Tod des Profi-Boxers Patrick Day am Mittwoch beschäftigt Verantwortliche im Boxsport weltweit, wie Unfälle dieser Art künftig verhindert werden können. Der erst 27-jährige Junior-Mittelgewichtler war nach einem schweren Niederschlag am Gehirn notoperiert worden, erlag aber letztlich seinen Kampfverletzungen. Days Berater Lou DiBella appellierte in einer Mitteilung: „Wir müssen das Boxen sicherer machen für alle, die den Sport betreiben.“

 

Ein Risiko bleibt beim Boxen immer

Einer, der seit über 40 Jahren am Rand von Boxringen in Deutschland und Österreich für die Sicherheit der Athleten zuständig ist – schon Evander Holyfield, Sven Ottke und Henry Maske behandelt hat – ist der Chirurg Walter Wagner. Der 68-jährige Oberfranke ist überzeugt: „Man kann das Risiko durch medizinische Standards minimieren, aber nie ganz ausschalten – Boxen bleibt ein sehr gefährlicher Sport.“ Das wisse auch jeder, der den Sport ausübt. Ehe ein Boxer in Deutschland seine Lizenz erhält, sei eine gründliche, jährliche Untersuchung Pflicht. „Dazu gehört eine Magnetresonanz-Angiografie, bei der das Gehirn und die gehirnversorgenden Gefäße sichtbar gemacht werden“, sagt der Medizinprofessor. Damit könne ein Arzt erkennen, ob der Boxer eine Veranlagung zur Aneurysmen-Bildung hat. „In dem Fall wäre die Gefahr sehr groß, dass er im Ring tot umfällt oder nach dem Kampf einer Gehirnblutung erliegt.“

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Als Ringarzt trägt Wagner während der Kämpfe viel Verantwortung, denn Boxen ist nicht nur Sport, auch Geschäft: Muss ein Sportler den Kampf abbrechen, gilt dieser als verloren, das trübt den Kampfrekord, der Athlet verliert an Wert. „Ein verantwortungsvoller Ringarzt handelt im Notfall auch gegen den Wunsch des Trainers oder Promoters.“ Es sei eben nicht nur der Mediziner für das Wohl der Athleten verantwortlich, sagt Wagner: „Die Ecke muss auch den Mut haben, das Handtuch zu werfen, wenn einer hoffnungslos unterlegen ist.“ Bei Profi-Kämpfen darf nur der Ringrichter den Kampf abbrechen, aber meist sei mit dem im Vorfeld ein Zeichen abgesprochen, das ihn zum Abbruch veranlasst.

Keine einheitlichen Tests

Wagner bemängelt, dass die medizinischen Tests weltweit nicht einheitlich und unterschiedlich streng sind: „Bei Weltmeisterschaften müssen Boxer aktuelle Untersuchungsergebnisse mitbringen, aber in manchen Ländern wird nur eine Computertomografie verlangt, die zeigt weniger Details.“ Auch bei Doping-Regeln gebe es keinen Standard. Eine weitere Sicherheitsmaßnahme: „Bei jedem Kampf steht ein Rettungswagen bereit, um Verletzte direkt in Spezialkliniken zu bringen.“ Etwa fünfmal hat Wagner in seiner Karriere diese Entscheidung getroffen. „Der letzte deutsche Boxtote war Jupp Elze, das ist über 50 Jahre her“, weiß der Bayreuther Chirurg. Der beste Schutz gegen die Risiken ist nach Meinung von Walter Wagner, eine Kombination aus den modernen Vorsorgeuntersuchungen und einer Weisheit von Max Schmeling, der sagte „Wenn ein Boxer gut austrainiert ist, geht das Risiko gegen null.“