Nach dem Tod von Johanna Quandt hat es nur kurz Verwirrung um den BMW-Anteil gegeben. Doch die Matriarchin hat bereits früh die Weichen für ihre Nachfolge gestellt.

Korrespondenten: Klaus D. Oehler (kdo)

Stuttgart - Im Günther-Quandt-Haus am Seedammweg in Bad Homburg herrscht geschäftige Ruhe, wie immer. Noch immer sind die Beschäftigten des Familienimperiums Quandt voller Trauer über den Tod der Matriarchin Johanna Quandt, die am Montag vor einer Woche im Alter von 89 Jahren verstorben ist und am vergangenen Samstag auf dem Waldfriedhof des Taunusstädtchens im engsten Familienkreis zu Grabe getragen wurde. Kein Beobachter, der zufällig an diesem Tag Augenzeuge wurde, konnte erahnen, dass hier die zweitreichste Frau Deutschlands beigesetzt wurde, dass an ihrem Grab sogar die reichste Frau des Landes, ihre Tochter Susanne Klatten stand. Und auch diejenigen, die das Milliardenvermögen der Familie Quandt in den Häusern am Rande Bad Homburgs verwalten, möchten die Familie vor weiterem Aufsehen schützen.

 

Schlagzeilen waren der Familie immer ein Gräuel. Das war schon so, als die Brüder Herbert und Harald Quandt 1954 das Erbe ihres Vaters Günther antraten. Die Söhne verwalteten das Erbe gemeinsam, hatten jedoch die Schaffung von Bereichen vereinbart: Wer die Federführung hatte, traf die Entscheidungen, das sollte öffentliche Streitigkeiten verhindern. Herbert Quandt führte die Elektro-, Fahrzeug-, Erdöl- und Düngemittel- sowie Textilbereiche, Harald Quandt bis zu seinem Tod 1967 den Maschinen- und Apparatebau, die Leicht- und Schwermetallhalbzeugproduktion sowie die sonstige Metallverarbeitung.

Der Name Herbert Quandt ist eng verbunden mit der Sanierung der Bayerischen Motoren Werke (BMW) in München. Der Sanierungsplan von Management und Großaktionären für den Ende der 50er-Jahre in eine Schieflage geratenen bayerischen Autobauer sah eine Übernahme durch Daimler-Benz vor, was aber auf der Hauptversammlung vom 9. Dezember 1959 durch Mitarbeiter und Kleinaktionäre verhindert wurde. Mit seinem beträchtlichen finanziellen Engagement und durch die Absicherung von Krediten trug Herbert Quandt dazu bei, dass die Banken wieder Vertrauen in das Unternehmen setzten. Am 30. November 1960 wurde Quandts Sanierungsplan auf der BMW-Hauptversammlung angenommen.

Weichen für die Nachfolge schon früh gestellt

In dieser Familie geht alles geordnet zu. Es ist daher nicht überraschend, dass auch Johanna Quandt, die dritte Ehefrau von Herbert, die Weichen für ihre Nachfolge schon früh gestellt hat. Schon 1997 hat sie sich aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen und die Verantwortung an die beiden Kinder Stefan Quandt und Susanne Klatten übertragen. Vor allem die Beteiligung an dem Automobilhersteller BMW, an der die Drei seit vielen Jahren zusammen gut 46 Prozent halten, hat zu dem Reichtum beigetragen – auf über 30 Milliarden Euro wird allein dieses Paket heute geschätzt. Und auch wenn Johanna Quandt nach wie vor Interesse für die Beteiligungen zeigte, die aktive Führungsrolle hatten ihre Kinder übernommen. Der 49jährige Stefan ist heute stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender bei BMW.

Ihren Aktienanteil hat die Matriarchin frühzeitig, zwischen 2003 und 2008, bis auf einen kleinen Rest auf ihre Kinder übertragen, ohne dabei aber auf ihre Stimmrechte zu verzichten. Damit hat die Familie Hunderte von Millionen an Erbschaftssteuern gespart. Nun allerdings müssen sich Stefan und Susanne noch mit der Finanzaufsicht Bafin auseinandersetzen, da sie formal die Stimmrechte gemeinsam geerbt haben – und Stefan damit auf über 30 Prozent Stimmrechtsanteil kommen würde und ein Übernahmeangebot an die übrigen BMW-Aktionäre abgeben müsste. Dies sei jedoch im Aktienrecht geregelt, erklärte ein Quandt-Manager. Die Anteile würden – nach Prüfung durch die Bafin – wieder aufgeteilt und dann bliebe auch Stefan Quandt unter der Schwelle von 30 Prozent. Einen entsprechenden Antrag habe man am Montag gestellt.

Auch nach dem Tod der Mutter wird sich nicht viel ändern, darin sind sich die Vertrauten der Familie einig. Zwar gibt es noch viele Details zu klären, doch damit werde man sich ausreichend Zeit lassen, heißt es. Entschieden ist bisher nur, dass der jüngere Sohn Stefan den Vorsitz der Johanna-Quandt-Stiftung übernimmt, die sich dafür einsetzt, „das Verständnis für die marktwirtschaftliche Ordnung und für die Bedeutung des privaten Unternehmertums als Träger der wirtschaftlichen Entwicklung in der Öffentlichkeit und den Medien zu fördern“, wie es offiziell heißt. Stefan Quandt, der ebenso wie seine Schwester und alle anderen Familienmitglieder nur selten die Öffentlichkeit sucht, hat dazu erst im Juni bei der Verleihung des Herbert-Quandt-Medienpreises deutliche Worte gefunden. Der Monopolkapitalismus des Sillicon Valley sei nicht zukunftsfähig, hatte der Unternehmer betont. Trotz der zunehmenden Digitalisierung und des technischen Fortschritts sei es immer noch entscheidend, auf die gemeinsamen Stärken und Werte zu bauen. Stefan Quandt lebt das in seiner Beteiligungspolitik vor. Mit seinem Engagement beim Dresdner Jungunternehmen Solarwatt etwa, das er 2012 dank seiner Finanzkraft vor der Pleite rettete, will er mit einer selbst entwickelten Solar-Batterie für den Hausgebrauch den Energiewandel vorantreiben. Gleichzeitig ist er unter anderem an dem Logistikanbieter Logwin oder an der BHF-Bank in Frankfurt beteiligt,

Susanne Klatten verdiente Milliarden mit der Beteiligung an Altana

Auch seine Schwester Susanne wagt den Spagat zwischen „alter“ und neuer Economy. Sie ist Großaktionärin beim Karbonhersteller SGL, der vor allem die Auto und Flugzeugindustrie mit dem leichteren Werkstoff versorgt, ist aber auch beim Windanlagenhersteller Nordex maßgeblich engagiert.

Richtig Geld – man spricht von vier Milliarden Euro – verdiente sie mit der Beteiligung an der Altana AG, die mit ihrem Magenmittel Pantoprazol einen sogenannten Blockbuster auf den Markt gebracht hatte. Als kein Nachfolger dafür in Sicht war, verkaufte Klatten den Pharmabereich und stutzte Altana auf einen Chemiespezialisten zusammen.

Die Töchter von Herbert Quandts Halbbruder Harald sind in der Öffentlichkeit noch weniger präsent als Susanne Klatten und Stefan Quandt, haben das geerbte Vermögen aber ebenfalls in beste Hände gelegt. Die Harald Quandt Holding steuert die Beteiligungen des 1967 verstorbenen Vaters . Zu ihrem Vermögen gehören viele Private Equity-Anteile sowie eine Reihe von Finanzdienstleistern, die auch für andere Wohlhabende inzwischen mehr als 20 Milliarden Euro verwalten.