Bis zu 500 Personen haben Sonntagnacht in der Stuttgarter Innenstadt randaliert und geplündert. Der Polizeipräsident zeigt sich „fassungslos“. Was ist in der Nacht passiert?

Stuttgart - Die Straßenschlachten und Plünderungen in Stuttgart mit mehreren verletzten Polizeibeamten haben die Politik alarmiert. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sprach von einem „brutalen Ausbruch von Gewalt“, den er scharf verurteile. „Diese Taten gegen Menschen und Sachen sind kriminelle Akte, die konsequent verfolgt und verurteilt gehören.“

 

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Unserer Redaktion sagte er: „Es war mir unvorstellbar, dass das Bilder aus Stuttgart sein sollen, als ich sie heute Morgen gesehen habe – es macht mich fassungslos und wütend zugleich, dass Menschen solche Dinge tun, und mir fehlt jegliches Verständnis dafür.“ Jetzt gelte es, die Geschehnisse sorgfältig aufzuarbeiten und die Täter konsequent zu verfolgen und zu verurteilen. „Mein herzlicher Dank gilt allen Einsatzkräften im Land, meine Gedanken sind bei den Verletzten und Geschädigten dieser widerwärtigen Zerstörungswut“, erklärte Kretschmann am Sonntag.

Bei den Ausschreitungen, an denen bis zu 500 Personen beteiligt waren, seien 19 Beamte verletzt worden, einer sei dienstunfähig, sagte Stuttgarts stellvertretender Polizeichef Thomas Berger. An 30 Geschäften in der Innenstadt wurden Scheiben und Inventar beschädigt, neun seien geplündert worden. Zwölf Polizeiautos wurden beschädigt. Auch ein Rettungswagen wurde demoliert.

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Das ist die vorläufige Bilanz der Nacht. 24 junge Männer nahm die Polizei fest, von ihnen kamen sieben am Sonntag vor den Haftrichter. Zwölf hätten ausländische Pässe, die andere Hälfte seien deutsche Staatsbürger. Gegen die Beteiligten an den Ausschreitungen werde laut der Staatsanwaltschaft unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs, Körperverletzungsdelikten, Widerstands gegen die Polizei und wegen tätlicher Angriffe auf Beamte ermittelt.

Strobl: Neue Qualität der Ausschreitungen im Land

Innenminister Thomas Strobl (CDU) kündigte an, „mit der vollen Härte des Rechtsstaats gegen diese Randalierer vorzugehen“. Strobl sagte weiter: „Die Ausschreitungen, die wir in der Nacht in Stuttgart erleben mussten, waren von einer in Baden-Württemberg bisher noch nie da gewesenen Qualität. So etwas werden wir in diesem Land definitiv nicht dulden.“

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Die 40-köpfige Ermittlungsgruppe „Eckensee“ am Polizeipräsidium Stuttgart würde sich mit den Ereignissen beschäftigen, unterstützt durch das Landeskriminalamt. Die Mitglieder des Innenausschusses würden am Mittwochmorgen in einer Sondersitzung über die Vorgänge informiert. Strobl fügte hinzu: „Ich danke den mehr als 280 eingesetzten Polizeibeamtinnen und -beamten aus ganzem Herzen für ihren schwierigen und gefährlichen Einsatz in dieser Nacht in Stuttgart.“

OB Kuhn: „Ein trauriger Sonntag für Stuttgart“

Zuvor hatte Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) erklärt: „Ich bin schockiert von dem Ausbruch an Gewalt, von den Angriffen auf die Polizei und den Zerstörungen in unserer Stadt. Das ist ein trauriger Sonntag für Stuttgart.“ Man werde das Geschehen sorgfältig analysieren. „Eines muss aber klar sein: Es darf keine rechtsfreien Räume in Stuttgart geben.“

Für Kuhn ist auch klar: „Wer so etwas tut, muss auch wissen, dass er die Freiheit der Stuttgarter Sommernacht gefährdet.“ Die Ausschreitungen als Spätfolgen des Lockdowns zu betrachten, weil die Feiernden nicht wüssten, wohin mit ihrer Energie, das sei „höchstens eine Erklärung, aber eine Entschuldigung ist es nicht“, sagte der Oberbürgermeister.