Der Rechtsruck in Thüringen und Sachsen beschäftigt auch Landes- und Bundespolitiker aus dem Kreis Ludwigsburg. Sie sehen die Verantwortung bei der Ampelpolitik, es herrscht Frust. Nur der AfD-Kreisvorsitzende ist in Feierlaune.

Die AfD wurde bei den Landtagswahlen am Sonntag zur stärksten Kraft in Thüringen gewählt. In Sachsen landet sie auf Rang zwei. Wahlverlierer sind allen voran die SPD, Grüne und FDP, die gemeinsam die Bundesregierung stellen. Das sorgt für Frust und Anschuldigungen – auch unter Landtags- und Bundestagspolitikern aus dem Landkreis Ludwigsburg.

 

Die ernüchternden Ergebnisse müssten ein Weckruf sein, sagt Tayfun Tok, Landtagsabgeordneter der Grünen. „Wir müssen uns ehrlich fragen, warum so viele Menschen, besonders die jungen, das Vertrauen in uns verlieren und nicht mehr glauben, dass wir ihre Sorgen wirklich verstehen und lösen können.“

Tayfun Tok sitzt für die Grünen im Landtag. Foto: KS-Images.de/Karsten Schmalz

Der Murrer Politiker sieht die Verantwortung bei der Bundesregierung: „Die Ampel-Koalition erweckt oft den Eindruck, an den echten Problemen der Menschen vorbeizuarbeiten.“ Diese Kommunikationsprobleme, „ob untereinander oder nach außen“, würden den Vertrauensverlust vorantreiben.

Der wachsende Rechtsruck besorge sie, sagt Silke Gericke, Grünen-Landtagsabgeordnete aus Ludwigsburg. „Dies markiert einen tiefen Einschnitt in unsere politische Landschaft und verdeutlicht, wie stark die gesellschaftliche Polarisierung vorangeschritten ist.“

Grünen-Ladtagsabgeordnete Silke Gericke setzte sich bereits mehrfach gegen Rechtsextremismus ein. /Sophia Herzog

Klare Worte kommen vom Bundestagsabgeordneten Macit Karaahmetoğlu: „Ich bin es leid, die AfD-Erfolge als das Ergebnis von Protestwahlverhalten zu interpretieren.“ Wenn eine rechtsextreme Partei wie die AfD in Thüringen ein Drittel der Stimmen hole, sei das „eine bewusst in Kauf genommene Schädigung unserer demokratischen und freiheitlichen Werte“.

Der Sozialdemokrat geht auf Spurensuche: „Von dieser rechtsextremen Partei versprechen sich immer mehr Menschen in Deutschland ein Gefühl von Sicherheit in unsicheren Zeiten.“ Angesichts der Anzahl und Komplexität der Krisen müsse man aber einen Schritt zurücktreten und die Frage beantworten, welche andere Regierung diese Herausforderungen besser hätte bewältigen können.

Macit Karaahmetoğlu glaubt an eine starke Bundesregierung. Foto: Z/ophia Ewska

Laut dem Bundestagsabgeordneten hätte die Regierung bereits mehr erreicht, als in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Unter anderem habe sie die Transformation der Wirtschaft in Angriff genommen, „die Angela Merkel stets gescheut hat“. Es hapere vor allem an der Kommunikation, man erreiche einen Teil der Gesellschaft nicht mehr, so Karaahmetoğlu.

„Es geht nicht um besseres Kommunizieren, sondern um bessere Politik“, kontert CDU-Bundestagsabgeordneten Steffen Bilger. Der Ludwigsburger macht die Ampelregierung für die Landtagsergebnisse mitverantwortlich. Zu oft werde in Berlin Politik gegen klare Mehrheiten in der Bevölkerung gemacht. Bilger glaubt, dass so die Radikalisierung und Spaltung in der Gesellschaft weiter vorangetrieben werden könnte. „Die Herausforderungen in Deutschland sind zu groß, als dass die Ampel die Probleme noch ein ganzes Jahr weiter verwaltet.“

Laut Steffen Bilger hat die Ampelregierung ihre Chancen verbraucht. Foto: Simon Granville

Aus Sicht der CDU seien die Wahlergebnisse vom Sonntag Licht und Schatten zugleich, so Bilger. Es zeige sich, dass die CDU die letzte Volkspartei und ein Stabilitätsanker der politischen Mitte sei – „und die einzige relevante Kraft im Kampf gegen die AfD“. Gleichzeitig finde er die Ergebnisse der extremen und radikalen Parteien erschreckend.

Ganz anders die Stimmung bei der AfD. „Wir haben Geschichte geschrieben. Jeder dritte Wähler in den beiden Bundesländern hat verstanden, dass es nur mit unserer Partei die politische Wende gibt“, sagt Martin Hess, der als AfD-Abgeordneter für den Wahlkreis Ludwigsburg im Bundestag sitzt.

Für den Ex-Polizisten spiegelt sich in den Wahlergebnissen das Scheitern der Ampel wider. Die hätten „jegliche Legitimation“ verloren, Bundeskanzler Olaf Scholz müsse sein Scheitern akzeptieren und Neuwahlen einleiten. Hess richtet zudem Worte an die CDU: Für einen „nachhaltigen Politikwechsel“ sei es wichtig, dass die Christdemokraten ihre Brandmauer gegenüber der AfD einreißen und mit der AfD zusammenarbeiten.

Martin Hess ist Bundestagsabgeordneter und Kreisvorsitzender der AfD. Foto: Simon Granville