Der Vorschlag der Neustadträtin Nicole Porsch, ihre Kollegen zum Schweigen zu verpflichten, ist gescheitert. Einige Christdemokraten machen ihrem Unmut jetzt erst recht Luft.

Stuttgart - Friede, Freude, Eierkuchen – dieses Bild von der Situation in der Stuttgarter CDU-Gemeinderatsfraktion hatte deren Vorsitzender Alexander Kotz nach der Klausurtagung am Bodensee gezeichnet. Der eigens für das Treffen engagierte Coach, der Stärken und Schwächen der Stadträte herauskitzeln und bewerten sollte, habe die Lage jedenfalls deutlich besser eingeschätzt „als manches, was da so in der Presse berichtet wurde“, so Kotz.

 

Doch so harmonisch, wie es Kotz gerne hätte, geht es in der Fraktion keineswegs zu. Das zeigt schon die Tatsache, dass nach StZ-Informationen immerhin neun von 17 Stadträten bei der Wahl der nunmehr noch zwei stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden für die bisherige Stellvertreterin Iris Ripsam votiert hatten – ihr Konkurrent Philipp Hill erhielt lediglich eine Stimme mehr, die andere Vize Beate Bulle-Schmid vier – bei diversen Enthaltungen. Kotz sprach von einem normalen demokratischen Vorgang, Ämter seien schließlich nur auf Zeit vergeben.

Trotz der Wahlerfolge grummelt es wieder in der CDU

Seit Ripsams Abwahl jedenfalls grummelt es wieder in der Partei, die nach ihren jüngsten Erfolgen bei Kommunal- und Bundestagswahlen eigentlich Aufbruchstimmung verspüren müsste. Und das hat auch mit dem Fraktionschef selbst zu tun, dem parteinterne Kritiker bescheinigen, eine gute Menschenkenntnis gehöre nur bedingt zu seinen Stärken. Iris Ripsam teilte auf Anfrage lediglich mit, ihre Abwahl in der vergangenen Woche sei für sie „schmerzlich“ gewesen. Ansonsten wolle sie sich nicht äußern. Andere Christdemokraten sind da gesprächiger – und das, obwohl die nun im dritten Anlauf zur Stadträtin gewählte Nicole Porsch auf der Klausurtagung zu ihrem Einstand alle Fraktionsmitglieder per Vertrag verpflichten wollte, künftig nicht mehr mit der Presse zu reden, sondern dies ausschließlich dem Fraktionschef zu überlassen. So kommt dann auch ans Licht der Öffentlichkeit, dass es bei der Nominierung der beiden CDU-Bewerberinnen für die Posten des Bezirksvorstehers in S-Nord und S-Ost, Sabine Mezger und Tatjana Strohmaier, eine erhebliche Anzahl an Enthaltungen der Stadträte gegeben hat – für CDU-Verhältnisse fast so etwas wie ein Misstrauensvotum.

Nichtsdestotrotz hatte Kotz die beiden Damen bei ihrer Präsentation in den höchsten Tönen gelobt und insbesondere der bisherigen stellvertretenden CDU-Bezirksbeirätin im Osten, Strohmaier, attestiert, die vereinige wie kaum eine andere die in der CDU geschätzen Eigenschaften jung und weiblich. Dass Kotz und der Parteischef Stefan Kaufmann auch mit dem „Migrationshintergrund“ Strohmaiers kokettierten, halten manche in der CDU für Etikettenschwindel. Strohmaier ist Aussiedlerin und damit auch per CDU-Definition Deutsche. „Zwischen Aussiedlern und Migranten bestehen wesentliche Unterschiede. Einer ist das eigene kulturelle Selbstverständnis als Deutsche. Aussiedler und Spätaussiedler sind Deutsche und als solche von ausländischen Migranten zu unterscheiden“, so Kanzlerin Merkel 2011 bei einem Treffen mit Vertriebenenfunktionären.

Neustadträtin Porsch in den richtigen Ausschüssen?

Aber auch andere personelle Weichenstellungen innerhalb der Fraktion geben Parteifreunden Rätsel auf. Warum wurde der Jurist Klaus Nopper Sprecher im Krankenhausausschuss, obwohl die CDU mit Cornelius Kübler einen Mediziner in ihren Reihen hat? „Die meisten Themen im Krankenhausausschuss sind Bauthemen“, beschwichtigt Kotz. Kübler werde die Fraktion aber verstärkt bei gesundheitspolitischen Themen repräsentieren.

Für Stirnrunzeln bei manchem Parteimitglied sorgt auch die Berufung der erwähnten Neustadträtin Nicole Porsch als Mitglied des Jugendhilfe- und stellvertretendes Mitglied des Sozialauschusses. Die Geschäftsführerin einer Weinhandlung sei als „Society-Lady“ nicht gerade prädestiniert, über Themen wie Ganztagesbetreuung im Kitabereich oder Hilfe für Prostituierte kompetent zu entscheiden. Im Jugendhilfeausschuss sitzt Porsch übrigens zusammen mit Iris Ripsam – ihre Funktion als Sprecherin der CDU für das Thema Kinderbetreuung durfte sie behalten.