Die Stadt sei sicher, sagt der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer nach der Gruppenvergewaltigung, bei der eine 24-Jährige von mehreren Männern mitten in der Stadt missbraucht worden war. Die Tatverdächtigen sind schnell gefasst worden.

Tübingen - Genau vor vier Wochen ist in Tübingen eine 24 Jahre alte Studentin von mehreren Männern vergewaltigt worden. Und zwar mitten in der Stadt auf einem Schulhof nahe der Hermann- Hepper-Turnhalle, wo sie eine Veranstaltung besucht hatte. Die Täter sind gefasst. „Ein solches Verbrechen kann überall passieren“, sagt eine junge Frau, „aber wenn ich in der Weststadt an der Turnhalle vorbeikomme, denke ich an diese Vergewaltigung.“ Es wird anderen Frauen ähnlich ergehen, in Tübingen oder anderswo. Wenn sie von Orten solcher Taten wissen, spielt es keine Rolle, ob der oder – wie in dem Tübinger Fall – die Täter längst gefasst sind. „Es fällt einem immer wieder ein, das lässt sich gar nicht vermeiden“, ist zu hören.

 

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer spricht von einem „schrecklichen Fall – wie können Männer nur so brutal sein?“ Solche Fragen stellt er sich mehrfach im Gespräch. Aber für ihn gibt es noch einen anderen Aspekt. „Diese Tat liegt vier Wochen zurück, die Täter sitzen im Gefängnis.“ Ihn treibt die Sorge um, dass Frauen verunsichert werden, weil das Thema – Wochen nach der Tat – in bundesweiten Medien plötzlich eine große Rolle spielt. Das Schlimmste wäre, wenn Frauen sich nicht mehr sicher fühlten, sich wegen dieses Einzelfalls in ihrer Bewegungsfreiheit einschränken würden. Denn für das Stadtoberhaupt ist klar: „Tübingen ist eine sehr sichere Stadt.“ Verschiedene Statistiken würden dies belegen. „Wir dürfen nicht zulassen, dass die objektive Sicherheit einem falschen Unsicherheitsgefühl untergeordnet wird“, hebt Palmer hervor.

Ermittlungsgruppe arbeitet weiter

Der Oberbürgermeister wird auf das Verbrechen in der Stadt seit einiger Zeit nicht mehr angesprochen. Sein Gespür sage ihm, dass diese Vergewaltigung in der Stadt kein großes Thema mehr sei. Ebenso sei es in den lokalen Medien. „Die Menschen in Tübingen gehen klug mit dem Fall um, sie wissen, dass es sich um einen Einzelfall handelt“, sagt Boris Palmer.

Die zehnköpfige Ermittlungsgruppe „West“ arbeite immer noch mit großem Elan, erklärte am Dienstag eine Sprecherin der Tübinger Staatsanwaltschaft. Dazu gehöre die Vernehmung von Zeugen, die an jenem Samstagabend an der Party teilgenommen haben. Es zeichnet sich ab, dass die 24-Jährige und ihre Freundinnen schon in der Turnhalle mit einem oder mehreren der späteren Täter Gesprächskontakte hatten. Einer der Männer soll die alkoholisierte Frau, die vor der Halle rauchte, in den Schulhof gelockt haben. Dort wurde sie von mehreren   Männern sexuell missbraucht. Die Polizei hat sechs Tatverdächtige ermittelt, sie sind 19 bis 22 Jahren alt und wohnen in drei Nachbargemeinden. Nach der Tat lief die junge Frau orientierungslos durch die Weststadt. Zwei Frauen fanden sie mit leichten Verletzungen, brachten sie zum Sicherheitspersonal der Party. Sie wurde in ein Krankenhaus gebracht.

Spuren aus der Gen-Bank

Offenbar auch aufgrund von Aussagen von Teilnehmern der Party gelang es der Polizei, den Kreis der möglichen Täter einzugrenzen. „Ein DNA-Treffer“, so die Staatsanwaltschaft, „brachte den Durchbruch.“ Am Tatort konnten die Kriminaltechniker verschiedene DNA-Spuren sichern. Diese Spuren wurden mit der Datenbank des Landeskriminalamts abgeglichen. So ergab sich eine Übereinstimmung mit einer bei der Polizei gespeicherten DNA eines 20-Jährigen aus Dusslingen, der zum Kreis der Verdächtigen gehörte.

Die DNA war wegen einer früheren Straftat gespeichert worden, bei ihr soll es sich nicht um ein Sexualdelikt handeln. Vergangene Woche wurden die Männer festgenommen. „Die Männer räumten zwischenzeitlich vereinzelt eine Tatbeteiligung ein“, erklären Polizei und Staatsanwaltschaft.

Aktuell geht es um den genauen Tathergang, um die Tatbeteiligung der Verdächtigen und um die Auswertung von verschiedenen Gegenständen, die in den Wohnungen der Männer beschlagnahmt worden sind. „Die kriminalistische Feinarbeit wird bestimmt noch einige Wochen beanspruchen“, erklärt eine Polizeisprecherin.