14 Punkte, zwölf Tore, Platz 16 – die bittere Bilanz nach der Hinrunde zeigt: Der Rest der Saison wird für den VfB Stuttgart zur Mammutaufgabe. Warum es mit der Verpflichtung von zwei, drei neuen Spielern nicht getan ist.

Sport: Dirk Preiß (dip)

Stuttgart - Diese vermaledeite Hinserie des VfB Stuttgart hätte gar kein Sinnbild mehr gebaucht. Die Zahlen sprachen ja schon vor dem Duell mit dem FC Schalke 04 am vergangenen Samstag für sich. Lediglich 14 Punkte hatte das Team bis dahin gesammelt, nur elf Tore erzielt, den Platz im Tabellenkeller auf Wochen reserviert. Das Halbjahreszeugnis las sich da schon vernichtend. Und dann gab es beim 1:3 auch noch Symbolik im Überfluss.

 

Nicolas Gonzalez, der junge Argentinier, der schon im Heimspiel gegen Werder Bremen allerbeste Chancen vergeben hatte, hätte nach einem Patzer von Schalke-Keeper Ralf Fährmann den Ball nur ins leere Tor schieben müssen. Er traf den Pfosten.

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Mario Gomez hätte eigentlich im gegnerischen Strafraum den Ball ins Tor lenken sollen. Stattdessen wurde er von Schalkes Salif Sané im eigenen Sechzehnmeterraum angeköpft. Von der Schulter des Stürmers prallte die Kugel ins Tor.

Und als kurz vor dem Ende der Trainer Markus Weinzierl noch Anastasios Donis einwechseln wollte, klagte der Stürmer wieder über Schmerzen im zuvor lange lädierten Oberschenkelmuskel.

Vor allem Michael Reschke hat nun viel zu tun

Kann eine einzige Partie eine Summe von 17 Spielen besser zusammenfassen? Wohl kaum. Doch sollte keiner den Fehler machen, die Lage zur Winterpause als Verschwörung der Mächte abzutun, die aus dem Nichts kam und sich schon wieder verziehen wird. „Es geht“, sagte der Außenverteidiger Andreas Beck, „nur über Arbeit.“ Besonders harte Arbeit kommt auf alle zu, die am sportlichen Geschehen des VfB mitwirken – vor allem auf Michael Reschke.

„Wir können mit der Hinrunde nicht zufrieden sein, da wir deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind. Selbst vom ausgegebenen Ziel, den Plätzen neun bis 13, sind wir derzeit entfernt“, sagte der Sportvorstand des VfB, der am Sonntag auf dem Weg in seine Heimat im Rheinland war. Der aber weiß, dass er sich nicht auf besinnliche Weihnachtstage freuen darf. Reschke muss den Kader fit machen für den Kraftakt in der Rückrunde – und ein Stück weit sich selbst korrigieren.

„Meine Aussage, dass wir nichts mit dem Kampf gegen den Abstieg zu tun haben werden, hat sich als falsch herausgestellt“, musste der Sportchef einräumen. Ebenso: „Die Transferpolitik ist bis jetzt nicht aufgegangen.“ Verletzungen haben dabei eine Rolle gespielt. Aber nicht nur sie waren ausschlaggebend für die neuerliche Misere, die nun wettgemacht werden muss, unter anderem mit neuen Spielern.

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In Alexander Esswein von Hertha BSC hat der VfB einen ersten Neuzugang schon am Samstag präsentiert, zwei weitere sollen folgen. Die Offensive steht bei der Suche im Fokus. Weil im Winter aber selten Heilsbringer zu besonders günstigen Konditionen zu haben sind, geht der Appell zuvorderst an die bereits beim VfB unter Vertrag stehenden Spieler, gemeinsam mit dem Trainer Markus Weinzierl den Umschwung herbeizuführen. Im Sinne der Ergebnisse, aber auch im Sinne einer veränderten Spielweise mit mehr Mut, mehr Tempo und mehr Szenen, die den Gegner wirklich in Bedrängnis bringen. „In der Mannschaft“, ist Reschke sicher, „steckt Substanz.“ Das habe das Team in der Rückrunde der vergangenen Saison ja bewiesen, „und nahezu alle Spieler von damals sind ja noch hier“.

Dazu kamen nach dem überraschend erreichten Rang sieben zunächst verheißungsvolle Neuzugänge, die nun aber fast ausnahmslos auf die Rückrunde setzen müssen, um noch deutlich zu machen, warum Reschke sie – teilweise für sehr viel Geld – nach Stuttgart geholt hat. „Es ist zu früh, den Stab über diesen Spielern zu brechen“, sagte der Sportvorstand, „ich habe noch ein hohes Maß an Hoffnung, dass sich das in der Rückrunde positiv entwickelt.“ Junge Spieler wie Nicolas Gonzalez, Pablo Maffeo und Borna Sosa „werden weiter wachsen“, ist Reschke sicher. Und Gonzalo Castro? Der hoch gelobte Routinier, der bislang so bitter enttäuschte? „Von ihm erwarten wir eine deutliche Steigerung“, sagte Reschke und fügte hinzu: „Er von sich aber auch.“

Die Verletzungssorgen waren groß in der Hinrunde

Eine Steigerung wird in allen Bereichen nötig sein, will der VfB seine Versetzung ins nächste Jahr im Fußball-Oberhaus sichern, ebenso die Rückkehr oder die vollständige Genesung der Verletzten. Daniel Didavi, Marc Oliver Kempf, Anastasios Donis, Holger Badstuber, Benjamin Pavard, Berkay Özcan, Pablo Maffeo, Borna Sosa, Dennis Aogo – das Lazarett war und ist gut gefüllt. Nur aus der Heilung und dem seligen Blick zurück auf die Rückrunde der vergangenen Saison darf sich die Hoffnung aber nicht speisen. Der bescheidene VfB-Vorsatz für das Jahr 2019 muss lauten: Alles besser machen.

„Wir müssen uns straffen“, sagte Coach Weinzierl, der seiner Mannschaft mittlerweile etwas mehr Stabilität verschafft hat, in den vergangenen Wochen zumindest drei wichtige Siege eingefahren hat, aber auch weiß, dass dies noch lange nicht reicht. Lediglich „phasenweise“ habe es sein Team „gut gemacht“, meinte der Trainer, der nun vor allem „offensiv Struktur reinbekommen“ will und auch dem Letzten klarmachen muss, worauf es im Kampf gegen den Abstieg sonst noch ankommt.

„Man muss auch Gefallen daran finden, immer wieder aufzustehen“, sagte am Samstag noch Andreas Beck, dachte dabei an „kratzen und beißen“ – und lieferte eine letzte Symbolik dieser Hinserie.