Auch nach der Festnahme des führenden Göppinger Rechtsextremisten wird im Rathaus damit gerechnet, dass im Oktober wieder Nazis durch die Stadt marschieren.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Vier führende Neonazis aus dem Kreis Göppingen sitzen seit der großen Razzia vor zwei Wochen weiterhin in Untersuchungshaft. Doch im Göppinger Rathaus ist die Hoffnung bisher gering, dass der Stadt ein für den 11. Oktober angekündigter Aufmarsch von Rechtsextremisten erspart bleibt. Bisher sei die Veranstaltung nicht abgemeldet worden, sagte der Sprecher der Stadt, Olaf Hinrichsen. Das gelte auch für alle weiteren Demonstrationen, die von den Rechtsextremisten bereits für die kommenden Jahre bis zum Jahr 2020 angemeldet worden sind.

 

Ermittler finden belastendes Material

Wie berichtet, hatte das Landeskriminalamt bei seinem Schlag gegen die so genannten Autonomen Nationalisten Göppingen am 28. Februar 19 Wohnungen, drei davon in Nachbarlandkreisen, durchsucht. Dabei sollen Sprühschablonen, NS-Devotionalien, Schriftstücke, elektronische Speichermedien, Computer, Mobiltelefone, Schreckschusspistolen, Schlagstöcke, Schlagringe, Wurfsterne und Quarzsandhandschuhe sichergestellt worden sein. Letztere werden zur Schlagverstärkung genutzt. Sie sind bei Demonstrationen verboten. Vier Männer – darunter Daniel Reusch, der Landesvorsitzender der Kleinstpartei „Die Rechte“ ist – wurden festgenommen. Die Untersuchungshaft dauere an, bestätigte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft in Stuttgart. Daraus lässt sich schließen, dass die Ermittler bei den Hausdurchsuchungen aus Sicht der Anklagebehörde ausreichend belastendes Material gefunden haben.

Als Reaktion auf die Ermittlungen gegen die Autonomen Nationalisten wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung sei es jetzt an der Zeit, alle geplanten Naziaufmärsche der nächsten Jahre zu verbieten, fordert unterdessen das Bündnis „Nazis stoppen“, in dem vor allem die linksautonome Szene organisiert ist. Schließlich säße in der Person von Daniel Reusch der Anmelder der Demonstrationen hinter Gittern.

Ein Verbot ist möglich, aber nicht sicher

Die Stadtverwaltung reagierte darauf zurückhaltend. Hinrichsen schloss zwar nicht aus, dass die Stadt es erneut mit einem Verbot versuchen werde. Erst müsse man jedoch abwarten, wie sich das Verfahren weiter entwickle. Zudem sei für ein Verbot einer Demonstration die Person des Anmelders nicht so wichtig. „Entscheidend ist der Versammlungsleiter“, sagte Hinrichsen. „Und den kann man schnell austauschen.“ Das erfuhr die Stadt im Jahr 2012, als ein städtische Verbot eines Naziaufmarschs nach einem Wechsel des Versammlungsleiters vom Mannheimer Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wurde.

Auch beim parteiübergreifenden Bündnis Kreis Göppingen nazifrei laufen die Planungen für die Gegenaktionen zum Naziaufmarsch weiter. Im Juni soll es im Rathaus einen Runden Tisch zur Vorbereitung des 11. Oktober geben. Wie nachhaltig die rechtsextremistische Szene im Kreis getroffen sei, lasse sich momentan noch nicht bewerten, sagte der Bündnisvorsitzende Alex Maier (Grüne). „Es tauchen immer noch viele Aufkleber und Graffiti auf.“