Sie ist Amerikanerin durch und durch: Regine Burns ist vor rund 30 Jahren aus der Region Stuttgart in die USA ausgewandert. Und doch wählt sie ausgerechnet Donald Trump zum Präsidenten, der sich oft rassistisch äußert. Dafür hat sie gute Gründe.

Las Vegas - Sie gehört zu den Frauen, die sich trotz sexistischer und rassistischer Aussagen nicht von Donald Trump und der US-Republikanischen Partei abgewandt haben: Regine Burns, 51 Jahre alt, in Adelberg (Kreis Göppingen) aufgewachsen und im Jahr 1985 in die USA emigriert. Sie hat einen amerikanischen Ehemann, der bis zu einem Dienstunfall in Australien dem Land als Soldat gedient hat und heute im Rollstuhl sitzt. Burns ist eingebürgert und sagt, dass sie sich voll und ganz als Amerikanerin fühlt.

 

Die Familie mit einem Sohn und zwei Pflegekindern zählt zur Mittelschicht, die alles andere als wirtschaftlich abgehängt ist. Und dennoch: Das Leben kann in den USA hart sein. Besonders, wenn man nur ein mittleres Einkommen hat. „Viele Amerikaner haben es satt, dass die Demokraten den Bezug zur Basis verloren haben. Hillary Clinton und Bill stehen dafür besonders“, sagt Burns. Das Establishment sei für die Bürger nicht wählbar, da es die ökonomischen und gesellschaftlichen Sorgen der Amerikaner gar nicht mehr kennen würde.

Unwählbare Kandidatin

Für Burns war Clinton eine unwählbare Kandidatin – auch, weil die Enthüllungen von Wikileaks zur E-Mail-Affäre von Clinton für viel Glaubwürdigkeitsverlust gesorgt haben. „Für viele Amerikaner sind die Clintons korrupt“, sagt Burns. Dies sollen unter anderem Berichte bestätigen, die in den amerikanischen Medien die Clinton Foundation in den Fokus nehmen: So soll die Stiftung eine Million Dollar von Katar angenommen haben, als Clinton im Außenministerium tätig war – ein No-Go, da Clinton das Ministerium nicht über den Vorgang informiert habe – obwohl sie dazu eine Vereinbarung unterzeichnet haben soll, wie das Magazin Forbes berichtet.

An sich zählt Burns nicht zur typischen Wählerschicht, die Trump hinter sich zu vereinen weiß: frustrierte, weiße, männliche Amerikaner mit schlechtem Bildungsstand. Doch sie hat gute Gründe, warum sie ihr Kreuzchen bei den Republikanern gesetzt hat: „Gerade weil Trump vorher kein Politiker war, wirkt er für viele ehrlicher als Clinton.“ Auch manch deplazierter Spruch sei ihr lieber, als die professionellen, aber nicht authentischen Auftritte der Demokratin. „Clinton wirkt wie eine Schauspielerin. Sie hat sich ein Leben lang auf diese Rolle vorbereitet. Trump kann man manche Aussagen verzeihen, wenn man weiß, dass er redet wie ihm der Mund gewachsen ist.“ Er sei eben der Mann aus der Mitte der Gesellschaft.

Und doch stimme sie mit vielen Aussagen Trumps nicht überein – dennoch gibt es einen Punkt, der für sie stark überwiegt: „Als Geschäftsmann muss man anderen zuhören und Rat annehmen können. Ich glaube, das kann er“. Sie selbst war jahrelang auch selbstständig und weiß, wie hart man in den USA für seinen Lohn arbeiten muss. Heute ist die 51-Jährige im Clark County School System als Betreuerin tätig. Sie lebt im Bundesstaat Nevada und dort wählen die meisten Bürger bei Präsidentschaftswahlen die Demokraten – dennoch stehe Trump eher für ihre Werte. Er habe den typischen amerikanischen Traum verwirklicht und mit seinem Unternehmen etwas für seinen Erfolg getan.

Ergebnis war ihr unheimlich

Trotzdem: Burns war das eindeutige Wahlergebnis für Trump fast unheimlich: „Anfangs habe ich mich sehr gefreut, dann ist die Stimmung umgeschlagen. Ich war nicht komplett happy, als er Präsident wurde. Wir wissen ja nicht, was die Zukunft bringt“, erzählt sie. Ihr erster banger Blick nach der Verkündung von Trumps Wahlsieg ging in Richtung Börsen. „Das war wie damals bei den Briten beim Brexit – in Asien, Europa, Amerika, überall ging es unheimlich steil bergab.“ Doch die Börsen erholten sich schnell wieder. Dass Trump als Präsident nicht alleine dasteht, beruhigt sie zudem: „Mike Pence war mit ein Grund, den Republikanern die Stimme zu geben. Und Trump wird viele Berater um sich herum haben, die ihn unterstützen.“ Doch die Ungewissheit vor der Außenpolitik des 45. Präsidenten bleibt: „Ich habe Angst, dass er etwas Falsches sagt.“ Dennoch traut Burns Trump aufgrund seiner Erfahrungen in der Wirtschaft das Amt zu.

Vor der Wahl hat sie sich ausgiebig über die Präsidentschaftskandidaten in den Medien informiert, häufig abgewägt. Das war gar nicht so leicht. „Die Kampagnen im Fernsehen waren ekelhaft, es gab, egal auf welchem Kanal, kein Entkommen“, berichtet Burns. Die Stimmung im Land sei aufgeheizt gewesen. „Jetzt können wir wieder ein bisschen durchatmen“, hofft sie.

Große Erwartungen an ihren neuen Präsidenten hat die 51-Jährige vorerst nicht: „Zuerst hat man ihn belächelt für Sätze wie ‚Make America great again’. Jetzt soll er erst einmal 100 Tage im Amt sein, dann sehen wir weiter“, sagt Burns. Eine große Hoffnung hat sie aber inbezug auf die Spaltung der Gesellschaft: „Ich hoffe, dass beide Seiten wieder mehr aufeinander zukommen. Denn nicht die eine Seite hat nur recht, sondern auch die andere hat gute Ansätze für das Land.“