Thomas Matrohs bleibt Bürgermeister von Deizisau (Kreis Esslingen). Nach klarer Wiederwahl stehen große Herausforderungen an. Matrohs verspricht dazu ehrliche Kommunikation.
Die Wählerinnen und Wähler in Deizisau haben offenkundig keinen Zweifel daran, dass Thomas Matrohs der richtige Mann an der Rathausspitze ist. Mit einem eindeutigen Vertrauensbeweis kann der 48-Jährige in seine dritte Amtszeit gehen. Auch in dieser will er den Bürgerinnen und Bürgern reinen Wein einschenken.
Herzlichen Glückwunsch Herr Matrohs, Sie haben bei der Bürgermeisterwahl am Sonntag 97,5 Prozent der abgegebenen Stimmen geholt, bei einer Wahlbeteiligung von 34,4 Prozent. Wie zufrieden sind Sie damit?
Die 97,5 Prozent sind schon eine Wucht – auch wenn es keinen Gegenkandidaten gab. Ich sehe das als Vertrauensbeweis für die Arbeit der vergangenen 16 Jahre. Mit der Wahlbeteiligung kann und will ich dagegen nicht zufrieden sein, da ich es für mich ein Anspruch ist, dass Demokratie gelebt wird. Ich hätte mir schon eine Beteiligung von 40 plus x Prozent erhofft. Wir dürfen es uns nicht zu bequem machen und Demokratie nicht als Selbstverständlichkeit betrachten.
Gibt das Ergebnis den entsprechenden Rückenwind für Ihre dritte Amtsperiode?
Natürlich gibt dieses Ergebnis Rückenwind. Und auch die positiven Äußerungen, die ich in der Bewerbungsphase erfahren habe, haben mich sehr gefreut. Aber das ist für mich auch wichtig, weil wir keine Selbstläufer, sondern große Aufgaben vor uns haben.
Vor diesen Herausforderungen steht Deizisau
Wenn man als Solokandidat antritt, kann man den Leuten schon im Vorfeld reinen Wein einschenken, getreu dem Motto: „Was geht in Zukunft und was geht nicht?“. Das ist schon ein Vorteil, oder?
Natürlich bietet eine Wahl ohne Gegenkandidat die Möglichkeit, noch stärker auf Inhalte zu setzen und realistisch darzustellen, was in den kommenden Jahren machbar ist – und wo Grenzen liegen. Diesen Anspruch hatte ich ohnehin, ganz unabhängig davon, ob ich allein auf dem Stimmzettel stand oder nicht. Die Bürgerinnen und Bürger dürfen von ihrem Bürgermeister erwarten, dass er nicht nur Ideen formuliert, sondern diese auch ehrlich an den finanziellen, rechtlichen und praktischen Rahmenbedingungen ausrichtet.
Wo steht Deizisau denn zurzeit? Und, um im Bild zu bleiben, was geht in den nächsten Jahren?
Deizisau steht heute solide da – das Fundament stimmt. Wir sind ein attraktiver Wohn- und Arbeitsort im Ballungsraum mit einer guten sozialen und kommunalen Infrastruktur, innovativen Gewerbetreibenden und einem intakten gesellschaftlichen Miteinander. Aber dieses Fundament braucht Pflege und Weiterentwicklung, weil die Herausforderungen nicht kleiner werden: Wir müssen die kommunalen Gebäude schrittweise sanieren, viel mehr Wert auf den Klimaschutz legen, den Glasfaserausbau endlich realisieren, neue Formen der Mobilität unterstützen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern, die hausärztliche Versorgung sichern und gleichzeitig die Finanzen im Blick behalten. Das geht – wenn wir es strukturiert, verantwortungsvoll und gemeinsam anpacken. Dazu gehört auch, dass ich weiterhin offen kommuniziere, was möglich ist – und wo wir gemeinsam um Lösungen ringen müssen.
Und was wird nicht gehen?
Was nicht geht, ist: alles gleichzeitig und sofort. Das verlangt eine ehrliche Kommunikation gegenüber der Bürgerschaft und kluge Entscheidungen im Gemeinderat.
Bei der Kandidatenvorstellung war Ihnen wichtig zu betonen, dass sich nur mit der Bürgerschaft gemeinsam etwas bewegen lässt. Wie könnte dafür ein konkretes Beispiel aussehen?
Ein konkretes Beispiel ist der Klimaschutz: Hier wird die Gemeinde allein nichts bewegen, wenn wir nicht gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und weiteren Akteuren tragfähige Lösungen entwickeln – sei es bei der Nutzung erneuerbarer Energien, bei der energetischen Sanierung von Gebäuden oder bei der Förderung von umweltfreundlicher Mobilität. Das kann über Informationsveranstaltungen, Workshops oder konkrete Mitmachangebote geschehen. Ich bin überzeugt: Wenn wir frühzeitig einbinden, entsteht Akzeptanz – und aus Akzeptanz entsteht Bereitschaft zur Mitwirkung.
Nehmen Sie die Bevölkerung auch mit, wenn’s weh tut? Also etwa, wenn es angesichts der sicher nicht besser werdenden Finanzlage, zu Einschnitten kommt?
Ja, selbstverständlich nehme ich die Bevölkerung auch mit, wenn unbequeme oder schmerzhafte Entscheidungen nötig werden. Gerade dann ist es wichtig, offen und ehrlich aufzuzeigen, warum bestimmte Maßnahmen erforderlich sind. Wir haben in Deizisau sehr hohe Standards – ob bei unseren Kindertageseinrichtungen, unserem schönen Freibad, der kostenfreien Bereitstellung von Vereinsräumen und Hallen oder den vergleichsweise niedrigen Hebesätzen bei Grund- und Gewerbesteuer. Unsere Einnahmen korrespondieren dabei längst nicht mehr mit dem, was wir uns als Gemeinschaft leisten. Diese Realität müssen wir transparent machen und gemeinsam Lösungen entwickeln, um die Aufgabenfülle, die ja immer größer wird, und die finanziellen Spielräume wieder in Einklang zu bringen. Nur so sichern wir die Zukunftsfähigkeit unserer Gemeinde.
Bürgermeister will Klimaschutz, Mobilitätswende und Gebäudesanierungen angehen
Haben Sie trotzdem schon eine entsprechende Giftliste in Ihrer Schreibtischschublade?
Nein! Das wäre im Übrigen auch wenig glaubwürdig, wenn ich so eine Liste bereits angefertigt hätte.
Einmal angenommen, Sie hätten für Ihre dritte Amtszeit drei Wünsche frei. Welche wären das?
Mein erster Wunsch wäre, dass wir es schaffen, die großen Herausforderungen – Klimaschutz, Mobilitätswende, Sanierung unserer Infrastruktur – mit breiter Unterstützung aus der Bürgerschaft und dem Gemeinderat anzugehen. Mein zweiter Wunsch: Dass wir die kommunalen Finanzen stabilisieren können, damit auch kommende Generationen noch Gestaltungsspielräume haben. Und mein dritter Wunsch wäre, dass wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deizisau weiter stärken – gerade in Zeiten, in denen die Gesellschaft oft auseinanderzudriften droht. Wenn uns das gelingt, haben wir als Gemeinde sehr viel richtig gemacht.
Studium im Dezember abgeschlossen
Laufbahn
Seit September 2009 ist Thomas Matrohs Bürgermeister von Deizisau. Davor war er Ortsvorsteher in Böblingen-Dagersheim. Der heute 48-Jährige hat
Privates
Thomas Matrohs ist verheiratet und hat zusammen mit seiner Frau Katrin drei Kinder. Er ist Mitglied der internationalen Organisation „Majors for Peace“, Hobbymusiker und seit 29 Jahren Bandleader einer Big Band.