Der Handel und viele Gastonomen in Stuttgart haben sich ein größeres Geschäft mit der WM erhofft. Wer Trikots verkauft, macht nun große Verluste. Kneipen und Biergärten setzen auf die ausländischen Fußball-Fans.

Stuttgart - In gewisser Weise ist so eine Fußballweltmeisterschaft wie die Vorweihnachtszeit. Schon Wochen vor dem Ereignis türmen sich saisonale Artikel in den Supermärkten und Kaufhäusern. Und was die Gastronomie betrifft – wer einen Bildschirm auftreiben konnte, hat alles versucht, um sein Lokal zum WM-Hotspot zu machen. Und dann scheidet Deutschland in der Vorrunde aus.

 

Folgt nun der große Frust bei Händlern und Gastronomen? Auf Gerd Riehm vom Breitmeyer Citysoccer in der Marienstraße trifft das zu. „Das trifft uns gewaltig“, sagt er am Tag nach dem Spiel hörbar zerknirscht. „Natürlich sind wir ein Risiko eingegangen und haben große Mengen an Trikots vorbestellt.“ Der Ansturm bis kurz vor dem Spiel gegen Südkorea war groß. Jetzt liegen die Leibchen wie Blei in den Regalen. „Das Aus der Nationalmannschaft bedeutet eine Euphoriebremse, die Zusatzeffekte im Einzelhandel durch die WM fallen geringer aus“, weiß auch Kai Falk vom Branchenverband HDE. Die Aktien des Ausrüsters Adidas verloren 1,5 Prozent und waren einer der schwächsten Werte im Dax.

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Gerd Riehm hat noch 400 Trikots auf Lager. „Das ist ein Verlust von vielen tausend Euro.“ Kroatische Trikots hingegen könnte er noch viel mehr verkaufen. „Die sind aber längst vergriffen.“ Wahrscheinlich wird Riehm einen ähnlichen Weg gehen wie die Stuttgarter Filialen von Galeria Kaufhof. „Als Trostpflaster erhalten die Kunden 40 Prozent Rabatt auf die gesamte DFB-Kollektion“, so Sophie Lasos von der Unternehmenskommunikation.

Hoffnung auf ausländische Fußball-Fans

Rolf Bürkl von der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) sieht bei anderen Branchen größere Probleme: „Real werden es sicherlich Getränkehersteller beziehungsweise Kneipen spüren.“ Das bestätigt auch Konstantin Ebert vom Wirtshaus „Hallo Emil“ in Untertürkheim. „Wir haben uns stark ins Zeug gelegt, um rechtzeitig zur WM zu eröffnen“, sagt er, „in der Kalkulation hatte das Turnier also durchaus seinen Platz.“ Und bei den Deutschlandspielen war der Ansturm sogar deutlich größer als erhofft. „Das wird uns jetzt natürlich fehlen.“ Er bedauert das deutsche Ausscheiden aber nicht allein aus wirtschaftlicher Sicht. „Das Tor in der 95. Minute gegen Schweden war ein unglaubliches Ereignis, das eine Mega-Party ausgelöst hat.“

Stefan Schneider vom Palast der Republik sieht das anders. Für ihn ist gutes Wetter entscheidender als das Abschneiden der Nationalmannschaft. „Wenn die Sonne scheint ist, ist viel los – egal, welches Spiel gerade läuft“, so der Besitzer.

Das sieht im Lichtblick anders aus. Zwar habe man bis auf zwei Beamer keine neue Technik für die WM angeschafft, ordentliche Umsatzeinbußen wird das Lokal dennoch erdulden müssen. „Hätten es die Deutschen bis zum Halbfinale geschafft, wären mindestens 10 000 Euro mehr in der Kasse gewesen“, sagt Dirk Geiger trocken. „Aber wir zeigen guten Sportsgeist und übertragen weiterhin alle Spiele. „Vielleicht kommen jetzt ja ein paar Kroaten mehr zu uns.“

Auf jede Menge ausländische Fußballfans hofft jetzt auch der Biergarten im Schlossgarten. Betreiberin Sonja Merz: „Für das Achtelfinale habe ich extra eine zweite Leinwand angeschafft.“