Mit einer Radtour durch Europa hat Jürgen Hofer knapp 150 000 Euro an Spendengeldern für die Stuttgarter Stiftung Stay eingefahren. Hier erzählt er, was mit dem Geld inzwischen geschah.

Lokales: Tom Hörner (hör)

Vor Kurzem hat der Radsportler Jürgen Hofer dem Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) im Rathaus einen Wimpel zurückgeben. Das Stuttgart-Abzeichen war weit herumgekommen. Es hatte Hofer bei einem 14 500-Kilometer-Radtrip durch 26 europäische Länder begleitet. „Anfangs hatte ich mir überlegt, ob ich ihn überhaupt mitnehmen soll“, sagt Hofer (46). Schließlich ging es bei der zweimonatigen Tour der Extreme um jedes Gramm Gewichtsersparnis. Aber nachdem Stuttgarts OB die Schirmherrschaft für die Spendenaktion übernommen hatte, war klar: Der Wimpel muss mit.

 

800 Kleinbauern in Uganda wurden geschult

Die Ernte ist eingebracht. Fast 150 000 Euro hat Hofer im vergangenen Sommer für seinen Arbeitgeber, die Stuttgarter Stiftung Stay, als #stayrider hereingefahren. In seiner Freizeit hat er sich für eine gute Sache abgestrampelt – und den Trip aus eigener Tasche bezahlt. Darauf legt Jürgen Hofer Wert. Jetzt geht es, bildlich gesprochen, darum, dass der Ertrag Früchte trägt. Und das tut er bereits, erzählt Hofer in einem Café mit Blick aufs Stuttgarter Rathaus. Hofer ist mit einem schicken Stadtrad gekommen, bestens gekleidet. Der schlanke, hochgewachsene Mann könnte jederzeit für einen Radmodeausstatter Model stehen.

„Das Geld wurde verwendet, um 800 ugandische Kleinbauern im Getreideanbau zu schulen“, sagt er. Zudem hätten die Menschen Biosaatgut bekommen, das in diesen Tagen ausgebracht worden sei. Wenn alles gut läuft, können sich die Bauern und ihre Familien über eine reiche Ernte freuen. Alles in allem gehe es um Hilfe für 5000 Menschen, schätzt Hofer.

Mit dem vermittelten Fachwissen sei es den Bauern möglich, den Ertrag um ein Vielfaches zu steigern, erzählt Hofer. „Wir in Europa ernten fünf Mal so viel Mais pro Fläche wie die Menschen in Ostafrika.“ Obwohl die Bedingungen in Äquatornähe eigentlich deutlich besser seien. „In vielen Regionen Ostafrikas sind zwei Ernten pro Jahr möglich.“

Erklärt die Stiftung Stay, 2013 von dem damaligen Unternehmensberater Benjamin Wolf in Stuttgart gegründet, afrikanischen Bauern, wie sie ihre Arbeit besser machen können? „Nein“, sagt Hofer, „das können wir gar nicht leisten. Außerdem wollen wir niemanden bevormunden, wir wollen befähigen.“ Es gehe ihm und seinen Mitstreitern darum, eine Entwicklung anzustoßen und über Organisationen im Land das nötige Know-how zu liefern. „Deshalb arbeiten wir mit Sozialunternehmen zusammen, die es in den Ländern seit vielen Jahren gibt. Es ist wichtig, dass die Bauern Ansprechpartner haben, die in dem Land leben.“ Zum Anstoßen gehöre es auch, Abnehmer für das Getreide zu vermitteln und Netzwerke zu knüpfen. Denn eines sei klar: Wenn sich 1000 Bauern zusammentun, um ihre Ware auf den Markt zu bringen, könnten damit bessere Preise erzielt werden.

„Wir glauben an die unternehmerische Verantwortung“

Ist Stay so etwas wie die FDP unter den Spendensammlern? Hofer verdreht die Augen. Nur das nicht, keine parteipolitische Nähe. „Aber wir glauben an die unternehmerische Verantwortung des Einzelnen.“

Jetzt ist der eloquente Österreicher in seinem Element. Mehr als 20 Jahre hat er im Finanzwesen gearbeitet. Er hat gutes Geld verdient bei einer Bank, „mehr, als ich ausgeben konnte“. Während der Coronakrise habe er beschlossen, dass es an der Zeit sei, der Gesellschaft etwas zurückgeben. Das, was ihm Stay zahle, reiche nicht mal, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. „Aber ich habe gut gehaushaltet. Und ich habe auch nicht vor, meinem Sohn ein gigantisches Vermögen zu hinterlassen.“

Ständig mit dem Klingelbeutel unterwegs

Jürgen Hofer ist, im besten Sinn, so etwas wie der Geldeintreiber von Stay. Ständig sei er mit dem Klingelbeutel unterwegs, denn mit einer prestigeträchtigen einmaligen Benefizradtour durch Europa ist es nicht getan. Uganda sei letztlich nur eine Blaupause für ähnliche Projekte, die in Kenia und Ruanda bereits anliefen. Zum Mittagessen trifft Hofer sich mit einem Unternehmer, bei dem er lange keinen Termin bekam. Erst als er den Mann selbst ans Telefon bekam und ihn auf sein soziales Gewissen ansprechen konnte, hat es mit einem Date geklappt.

Später wird er einen Spender besuchen, der seine Radtour mit 5000 Euro unterstützt hat. Er wird sich bei dem Mann bedanken – und daran erinnern, dass Weihnachten vor der Tür steht. Am Abend spricht Hofer vor Leuten, die schon immer mal hören wollten, wie man sich mental und körperlich auf einen 14 500-Kilometer-Radtrip vorbereitet. Vermutlich wird er auch auf die Arbeit von Stay zu sprechen kommen.

Und auf seinen nächsten Trip, der ihn im kommenden Sommer von Europa nach Asien führen wird. Der OB wird als Schirmherr wieder mit von der Partie sein. Man wird von dem Stayrider noch hören.