Aus Sicherheitsgründen war die Lutherkirche in Stuttgart am Mittwochabend geräumt worden, in der eine armenische Gedenkfeier stattfinden sollte. Nun soll es einen neuen Termin geben.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Das baden-württembergische Innenministerium hat keine grundsätzlichen Bedenken, eine Gedenkveranstaltung zum Völkermord an bis zu 1,5 Millionen Armeniern trotz Terroralarm nachzuholen. In Stuttgart hatte ein Gottesdienst am Mittwochabend wegen eines möglichen Anschlags abgesagt werden müssen.

 

Die Armenische Gemeinde Baden-Württemberg hatte in der Lutherkirche in Bad Cannstatt zu einer Gedenkveranstaltung aufgerufen, bei dem auch ein Vertreter des Kultusministeriums sowie ein Landtagsabgeordneter der Grünen Grußworte sprechen sollten. Kurz vor Beginn rückte die Polizei mit einem Großaufgebot an und räumte die Kirchenräume aus Sicherheitsgründen.

Polizeiaktion war Vorsichtsmaßnahme

Sprengstoff wurde nicht gefunden – die Polizeiaktion hatte sich als reine Vorsichtsmaßnahme erwiesen und war am Mittwoch gegen 21.45 Uhr beendet. Über die Hintergründe der Drohung machten die Ermittlungsbehörden keine Angaben. Spekuliert wird, dass die Urheber unter türkischen Nationalisten zu suchen sein könnten. Die Türkei wird als Nachfolgestaat des Osmanischen Reichs für den Massenmord an Armeniern im Jahr 1915 verantwortlich gemacht – die weist den Begriff des Genozids oder Völkermords für die Gräueltaten aber entschieden zurück.

Erdogan greift Frankreich an

Am Mittwoch hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan vor allem Frankreich massiv angegriffen, wo der Jahrestag des 24. April zum Gedenktag erhoben werden soll. Frankreich habe in Algerien „Hunderttausende Menschen massakriert“, so Erdogan. Bei den Ereignissen von 1915 habe es sich um Deportationen von „armenischen Banden und ihrer Unterstützer“ gehandelt, und dies sei „angemessen“ gewesen.

Die evangelische Kirche erklärte sich solidarisch mit den armenischen Christen. Wann die Gedenkveranstaltung nachgeholt wird, ist noch offen.