Nach dem Absturz eines russischen Ferienfliegers in Ägypten setzt nun Russland alle Flüge in das Land aus. Großbritannien und die USA halten es für möglich, dass eine Bombe des IS am Samstag den Jet zum Absturz brachte.

Moskau - Nach Geheimdiensthinweisen auf einen Sprengsatz an Bord des abgestürzten Ferienfliegers in Ägypten stellt Russland seine Flüge in das beliebte Urlaubsland komplett ein. Bislang hatten britische und westeuropäische Airlines lediglich ihre Verbindungen zum Badeort Scharm el Scheich gestoppt.

 

Präsident Wladimir Putin habe die Regierung angewiesen, einen entsprechenden Vorschlag des Inlandsgeheimdienstes FSB umzusetzen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag in Moskau. Dies bedeute nicht, dass Russland sich auf einen Terroranschlag als Absturzursache festlege, betonte Peskow.

Die britische Regierung erhielt einem Bericht der BBC zufolge Hinweise, wonach möglicherweise eine Bombe im Frachtraum des Airbus A321 versteckt gewesen sei. Moskau und Kairo legten sich bislang nicht zur Unglücksursache fest. Bei der Tragödie am vergangenen Samstag kamen 224 Menschen ums Leben.

Bis zu 20.000 Briten sitzen in der Region fest

Behördenangaben zufolge befinden sich derzeit 45 000 Russen in Ägypten. Putin habe zudem angeordnet, den Rücktransport russischer Reisender aus Ägypten zu organisieren, sagte Peskow. Um alle Touristen sicher zurück nach Russland zu bringen, sei vermutlich ein Monat nötig, sagte Branchensprecherin Irina Tjurina. Eine Reisewarnung des Außenministeriums in Moskau gab es zunächst nicht.

Zuvor hatten britische und weitere westeuropäische Airlines ihre Verbindungen zum Badeort Scharm el Scheich eingestellt. Allein bis zu 20.000 Briten sitzen in der Region fest. Eine groß angelegte Rückholaktion der britischen Regierung lief wegen einer Blockade durch die ägyptischen Behörden nur schleppend an. Offiziellen Angaben zufolge durften zunächst nur 8 von 29 geplanten Sonderflügen starten.

Der ägyptische Minister für zivile Luftfahrt, Hussam Kamal, begründete die Restriktionen mit dem Hinweis, die Kapazität des Airports reiche nicht aus. Die große Menge an Gepäck behindere den Betrieb am Flughafen, meinte er.

„Brauchen absolut objektive und bestätigte Daten“

FSB-Chef Alexander Bortnikow hatte einen Stopp der russischen Flugverbindungen in das Land am Nil vorgeschlagen. „Bis die wirklichen Gründe für die Vorgänge geklärt sind, halte ich es für nützlich, die russischen Flüge nach Ägypten einzustellen“, sagte er der Agentur Interfax zufolge. „Wir brauchen absolut objektive und bestätigte Daten über die Ursache der Katastrophe“, betonte der Geheimdienstchef. Die Ermittler sollten sich für die Untersuchungen so viel Zeit wie nötig nehmen.

Der russische Zivilschutzchef Wladimir Putschkow sagte, Helfer hätten am Absturzort alle notwendigen Proben von Trümmerteilen gesammelt und zur Prüfung nach Moskau geschickt. „Die Proben stammen von allen Elementen, an denen Spuren von Sprengstoff sein könnten“, sagte er.

Abgehörte Gespräche von Milizen erhärten Verdacht

Die Informationen der BBC über eine mögliche Bombe an Bord stützten sich auf abgehörte Gespräche von Milizen auf der Sinai-Halbinsel. Zuvor hatte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) behauptet, für die Katastrophe verantwortlich zu sein. Moskau kritisierte, dass Großbritannien seine Informationen über den Absturz nicht mit Russland teile. „Wir wissen nicht, mit welchen Daten unsere britischen Kollegen arbeiten“, sagte Peskow.

Auch die USA schließen einen Terroranschlag nicht aus. Es gebe die Möglichkeit, dass eine Bombe an Bord war, sagte Obama dem Radiosender CBS. „Wir nehmen das sehr ernst.“

Sollte eine Bombe das russische Passagierflugzeug zum Absturz gebracht habe, wäre das ein schwerer Schlag für den Tourismus Ägyptens. Die Branche trägt rund elf Prozent zum ägyptischen Bruttoinlandsprodukt bei.