Seit fünf Tagen ist der afghanische Musiker zurück in Kabul. Er will nun ein Arbeitsvisum für Deutschland beantragen. Einen Arbeitsvertrag mit der IG-Metall hat er schon. Und Auftrittstermin und Angebote als Musiker ebenfalls.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Kabul - Seit Samstag ist Ahmad Shakib Pouya zurück in Afghanistan, dem Land, das er 2008 verlassen hat. Die Taliban hatten einen Sprengsatz in seine Wohnung in Herat geworfen. Der Zahnarzt, Krankenhauspfleger und Künstler fühlte sich nicht mehr sicher und flüchtete. Schon mehrere Male hat er in den vergangenen Tagen das Hotel und den Aufenthaltsort gewechselt, weil er es immer noch für zu gefährlich hält, zu lange an einem Ort zu sein.

 

Pouya wollte ursprünglich in Deutschland in Sicherheit leben. Er hatte sich schon in seinem Heimatland durch seine Musik politisch exponiert. 2010 kam er nach Bayern, sein Asylantrag wurde abgelehnt. Aber bis vor kurzem hatte er zumindest eine Duldung. Am vergangenen Freitag ist er freiwillig ausgereist, um seiner Abschiebung zuvorzukommen. Pouya ist einer von laut Pro Asyl 24 000 im Jahr 2016 abgelehnten afghanischen Asylbewerben, die in ihr Heimatland zurückgebracht werden sollen. Wie viele andere Abgeschobene hatte er Arbeit, war integriert und bestens vernetzt.

„Es ist schlimm für mich, hier alleine zu sein“, sagt der 33-Jährige. Bis Dienstag war er noch in Begleitung von Albert Ginthör. Der Münchner Geiger vom Staatstheater am Gärtnerplatz wollte ihm helfen, ein Arbeitsvisum für Deutschland zu beantragen. Am Sonntag hatten die beiden denn auch Kontakt zu einem Mitarbeiter des Goethe-Instituts und einen Folgetermin in der Visumstelle der Botschaft in Kabul. Um seinen Antrag endgültig stellen zu können, muss der Künstler nun weitere Papiere besorgen. Wohl ist Pouya nicht bei dem Gedanken, sich dafür womöglich im Land bewegen zu müssen. Ginthör haben die Botschaftsmitarbeiter jedoch dringend geraten, das Land aus Sicherheitsgründen schnell wieder zu verlassen.

Die Suche nach sicheren Quartieren geht weiter

Wie lange die Bearbeitung des Visumantrags dauern wird, sei schwer zu sagen, sagt ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. Es komme auf den Einzelfall an. Da bei Pouya ein Voraufenthalt in Deutschland vorliegt, wie es im Aufenthaltsgesetz heißt, muss die Ausländerbehörde am Verfahren beteiligt werden. Mit einer schnellen Entscheidung in den nächsten zwei Wochen ist demnach wohl nicht zu rechnen. Pouya wird weiter nach sicheren Quartieren suchen müssen.

Er will möglichst schnell zurück zu seiner Frau und den Kindern nach Deutschland. Seine drohende Abschiebung hatte für große Medienaufmerksamkeit gesorgt. Anfangs hatte sich der bayerische CSU-Abgeordnete Thomas Goppel engagiert. Er scheiterte ebenso wie die Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) an der rigiden Haltung des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann(CSU).

Pouya hat einen Arbeitsvertrag und Engagements als Sänger

Dabei hat der Afghane einen im Moment ruhenden Arbeitsvertrag bei der IG-Metall in Frankfurt vorzuweisen. Da er sechs Sprachen spricht, arbeitete er dort in der Flüchtlingsberatung – vorerst ehrenamtlich. Als Musiker ist er eine der Stützen des Vereins „Zuflucht Kultur“, den die Opernsängerin Cornelia Lanz gegründet hat.

Ursprünglich hatte Pouya schon Mitte Dezember auf der Liste für die erste Sammelabschiebung nach Afghanistan gestanden. Er entging der Abschiebung, weil er nicht zu Hause war. Bleiben durfte er dann noch bis Mitte Januar mit Zustimmung des Regierungspräsidenten der Region Schwaben, weil er als einer der Hauptdarsteller in der Mozartoper „Zaide“ in München auf der Bühne stand.

Um zu zeigen, wie dringend auch Pouyas musikalischer Einsatz gebraucht wird, haben sowohl „Zuflucht Kultur“ als auch das Kindertheater Augsburg die nächsten eingeplanten Auftrittstermine auf Anfrage an die deutsche Botschaft gemeldet. Von Josef E. Köpplinger, dem Intendanten des Münchner Gärtnerplatztheaters, liegt ebenfalls ein Angebot vor, Pouya ins Engagement an das Theater zu bringen.