Daimler, Audi und BMW kaufen nach übereinstimmenden Medienberichten Nokias Kartendienst Here. Der Deal soll am Montag bekanntgegeben werden, Kosten: angeblich 2,9 Milliarden Euro.

Frankfurt - BMW, Daimler und Audi kaufen Insidern zufolge vom finnischen Nokia-Konzern den für Navigation wichtigen Kartendienst Nokia Here. Das Konsortium der drei Premiumbauer übernehme die Sparte für etwa 2,9 Milliarden Euro, sagte eine mit der Sache vertraute Person am Sonntag der Nachrichtenagentur Reuters. Bereits vergangene Woche meldeten das „Wall Street Journal“ (Link) und das „Manager Magazin“ (Link) den Verkauf des Kartendiensts an deutsche Autobauer – gaben aber einen Kaufpreis von 2,5 Milliarden Euro an. Audi, BMW und Daimler wollten sich auf dpa-Anfrage nicht dazu äußern.

 

Über das Vorhaben war seit Wochen spekuliert worden. Audi, BMW und Daimler haben sich zusammengetan, um zu verhindern, dass die Schlüsseltechnologie für Navigation, Assistenzsysteme und autonomes Fahren in die Hand von Google oder einem anderen Internetkonzern gerät. Sie fürchteten eine zu große Abhängigkeit, denn Nokia Here wird in Europa in vier von fünf Autos genutzt.

Autokonzerne versus Netzriesen

Autobauer und Netzkonzerne kommen sich zunehmend in die Quere, denn die Autoindustrie baut immer mehr Kommunikationstechnik ein, um Kunden zu gewinnen oder ihnen Zusatzdienste anzubieten. Google hat ein selbstfahrendes kleines Auto gebaut. Auch Apple soll an einem solchen Plan arbeiten und entwickelt dafür eigene, hochauflösende Straßenkarten.

Nach ihrem Geschäftsmodell könnte der Passagier im Auto digitale Dienste in Anspruch nehmen, wenn er nicht mehr selbst steuern muss. Nokia Here ging aus dem US-Navigationsanbieter Navteq hervor, den die Finnen 2008 für rund acht Milliarden Dollar übernahmen. Die Nokia-Tochter beschäftigt etwa 6000 Mitarbeiter. Analysten erwarten für dieses Jahr einen Umsatz von 1,1 Milliarden Dollar.

Toyota und Co. haben jetzt ein Problem

Zu Heres Kunden gehören neben den deutschen Autokonzernen auch Toyota, General Motors oder Fiat Chrysler. Aber auch die Internetfirmen Amazon, die Suchmaschinenbetreiber Yahoo und Baidu sowie die Paketdienste Fedex und UPS nutzen die Kartendaten, die mit großem Aufwand durch häufige Kontrollfahrten auf den Straßen aktualisiert werden.

Da die drei Autokonzerne nun einen wichtigen Zulieferer der gesamten Branche kontrollieren, ist fraglich, ob die anderen Fahrzeugbauer Nokia Here als Kunden treu bleiben. Hauptkonkurrent ist TomTom aus den Niederlanden, der jüngst eine Kooperation mit Bosch besiegelt hat. Die Navigationsdienste sind zudem ein wichtiger Faktor im harten Wettbewerb unter den Autoschmieden.

„Es besteht das Risiko, dass sich die drei nicht vertragen“, sagte Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Center Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen. Das Zukauf werde wohl am Montag öffentlich gemacht, erfuhr Reuters von den Insidern. Die Verhandlungen waren im Mai bekanntgeworden, nachdem Nokia seine Verkaufsabsichten signalisiert hatte. Neben den deutschen Autobauern hatten auch chinesische Internetkonzerne und der US-Fahrdienstanbieter Uber für den Kartendienst geboten. Daimler wollte sich auf am Sonntagabend auf Anfrage nicht äußern. Bei BMW, Audi und Nokia war zunächst keine Stellungnahme erhältlich.