Nach der tödlichen Messerattacke auf einen Polizisten rechneten viele in der Stadt mit einem Sieg der Rechten. Doch womöglich hat es die Spitze der Landespartei, beim Versuch das Ereignis auszuschlachten, übertrieben.
Noch immer legen Menschen an der Gedenkstelle in der Mitte des Mannheimer Marktplatzes Blumen ab. Am Freitag vor knapp zwei Wochen ist hier der Polizist Rouven Laur von einem mutmaßlich islamistischen Attentäter getötet worden. Wie schlägt sich die Tat auf das Wahlverhalten bei der Mannheimer Gemeinderatswahl nieder? „Es würde mich wundern, wenn es das nicht täte“, sagt Christian Hötting, der Mannheimer CDU-Kreischef. Allerdings reagiere die Stadtgesellschaft sehr unterschiedlich. „Das kann in die eine wie in die andere Richtung gehen.“
Das zeigt sich an den Gemeinderatswahlergebnissen, die am Dienstag aus den Stadtbezirken eintrudeln. In Schönau, einem Stadtteil im Norden mit Wohnblöcken und nur wenigen Einfamilienhäusern, erzielen die AfD-Kandidaten 44 Prozent. Im Jungbusch in der Innenstadt, wo viele Studenten wohnen, sind es 3,4 Prozent. Am Ende liegt die Partei stadtweit bei um die 14 Prozent. „Wir gehören zu den Gewinnern dieser Wahl“, sagt der AfD-Fraktionsvorsitzende Jörg Finkler.
Selbst die Mannheimer AfD hat Zweifel
Trotz eines Zuwachses von gut fünf Prozentpunkten reicht es insgesamt aber nur für Platz vier, klar hinter den Wahlgewinnern der CDU, den abgestraften Grünen und dem einstigen Platzhirsch SPD. Dass sich die Landes-AfD in der besonderen Mannheimer Gemengelage womöglich mehr erhofft hatte, zeigte sich daran, dass sie die zentrale Wahlkampfschlusskundgebung am Freitag nach Mannheim gelegt hatte. Auf dem Marktplatz wollte sie gegen Islamismus und „Messergewalt“ demonstrieren. Das sei bei vielen Mannheimern allerdings nicht gut angekommen, glaubt Hötting. Der Verwaltungsgerichtshof verlegte die Demo schließlich auf den nahen Paradeplatz.
Selbst Finkler, ein ehemaliger Polizist, räumt ein, er wäre lieber gleich auf den Paradeplatz ausgewichen – aus Rücksicht auf den Gedenkort am Marktplatz. Doch die Parteiführung im Land habe es eben anders entschieden, sagt Finkler. Sieben statt vier Mitglieder wird die AfD künftig im Mannheimer Gemeinderat stellen. Darunter ist auch Heinrich Koch, jener Gemeinderatskandidat, der wenige Tage nach dem Tod des Polizisten von einem Plakatdieb, den er zur Rede stellen wollte, ebenfalls mit einem Messer verletzt worden war.
Koch steht noch unter Schock
Inzwischen geht es Koch besser. Doch er stehe noch unter Schock, sagt Finkler. Für Mehrheiten jenseits der AfD wird es in dem 48-köpfigen Gremium künftig gleichwohl reichen. Das hat nicht nur etwas mit einer Brandmauer zu tun. Kommunalpolitisch sei die bisherige AfD-Fraktion ein Totalausfall gewesen, sagt Hötting. „Die haben nichts auf die Beine gebracht.“