Gökay Sofuoglu, Vorsitzender der Türkische Gemeinde in Deutschland, warnt vor einer Verrohung der politischen Sitten. Grund ist die Rede des AfD-Politikers Poggenburg, der Türken als „Kameltreiber“ und „Kümmelhändler“ verunglimpft hat.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Deutschland stehe an einem Scheideweg der Geschichte, glaubt Gökay Sofuoglu. „Wollen wir Trump oder Trudeau? Wollen wir demokratische Kultur oder demagogische Kloake?“ sagt der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD). Aus diesem Grund will Sofuoglu mit rechtlichen Mitteln gegen die türkenfeindlichen Bierzeltrede des AfD-Landesvorsitzenden in Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, vorgehen. Am Freitag hat die TGD Anzeige wegen Volksverhetzung gegen den Politiker eingereicht, der die in Deutschland lebenden Türken pauschal als „Kümmelhändler“ und „Kameltreiber“ verunglimpft, die in Deutschland „nichts zu suchen und nichts zu melden“ hätten. Die Staatsanwaltschaft Dresden hat bereits ein Prüfverfahren eingeleitet. Die Rede hatte bundesweit Empörung ausgelöst. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verurteilte die Aussagen.

 

Die AfD mahnt Poggenburg ab

Auch die AfD hat am Freitag auf die Äußerungen Poggenburgs reagiert. Der Bundesvorstand der Partei hat den Landesvorsitzenden von Sachsen-Anhalt abgemahnt. Der Beschluss sei einstimmig gefallen, teilte ein Parteisprecher mit. Laut Satzung kann der Vorstand eine Abmahnung aussprechen, wenn ein Mitglied gegen die Satzung oder gegen Grundsätze oder die Ordnung der Partei verstößt. Dazu gehört der Hinweis, dass das beanstandete Verhalten im Wiederholungsfall oder ein vergleichbares Verhalten weitergehende Ordnungsmaßnahmen nach sich ziehen können.

Von der AfD nicht provozieren lassen

Die Türkische Gemeinde will sich auch in Zukunft von solchen verbalen Ausfällen wie von Poggenburg nicht provozieren lassen. „Wir werden unsere Zeit nicht damit verschwenden, uns an rassistischen Beschimpfungen abzuarbeiten. Konzentrieren sollten wir uns lieber auf die demokratische Auseinandersetzung“, sagt Gökay Sofuoglu. Wichtig sei der demokratische Diskurs, der für den „Erhalt des gesellschaftlichen Zusammenhalts“ immer wichtiger werde. Ziel sei eine Gesellschaft, „die offen, optimistisch und vielfaltsbewusst auf eine lebenswerte Zukunft zusteuert“, so der TGD-Vorsitzende.

Via Facebook erklärte Gökay Sofuoglu am Freitag, dass er und die TGD inzwischen sehr viel Zuspruch von vielen Seiten bekämen. Auch der Vorsitzende des Zentralrats der deutschen Sinti und Roma, Romani Rose, habe seine Solidarität bekundet. „Die AfD ist keine Alternative für Deutschland, sondern eine demokratiefeindliche Partei“, schreibt Rose nach Angaben von Sofuoglu. Nun müssten alle demokratischen Kräfte zusammenhalten und Rassismus und Hetze entschieden entgegentreten.