Fünf Jahre lange musste Maichingen auf die 15. Auflage des traditionellen Rosstags warten. Am Sonntag endlich sind über 100 Pferde durch die Ortsmitte zogen. Knapp 5000 Besucher kamen zu dem traditionsreichen Spektakelin dem Sindelfinger Stadtteil.

Weit über 100 PS gab es beim 15. Rosstag in der Maichinger Ortsmitte zu bestaunen. Sie setzen sich zusammen aus über 100 herausgeputzten Vierbeinern und einigen historischen Traktoren. Diese tuckerten mit zwölf oder 14 Pferdestärken im großen Zug mit, dufteten nach altem Diesel und zogen pittoresk hergerichtete Anhänger hinter sich her. Auffällig oft war dabei eine Marke vertreten, die man heute nicht mehr mit landwirtschaftlicher Arbeit verbindet: Porsche. Ein PS braucht man übrigens, um 75 Kilo in einer Sekunde um einen Meter anzuheben. Aber das ist ja auch schon Vergangenheit.

 

Zufrieden äußerte sich der gut behütete Rosstag-Organisator Walter Arnold: „Wir sind froh, dass wir nach über fünf Jahren Pause wieder einen Rosstag durchführen können, denn der letzte fand 2016 statt.“ Sein Dank galt auch allen Mitmachenden, die weitgehend ehrenamtlich arbeiten, und dem Wetter. Kurz bevor das erste Pferdegetrappel zu vernehmen war, schaute die Sonne heraus und wärmte die knapp 5000 Wartenden. Dem Wetter und Corona geschuldet war auch die Tatsache, dass statt der üblichen sechs Kapellen nur zwei mitliefen, aber dafür ihr Bestes gaben. Farbenfreudige Ergänzung gab es auch mit Zweibeinern, nämlich durch die Trachtengruppe der griechischen Gemeinde Sindelfingen-Böblingen und durch die prächtigen, meist handgestrickten Trachten der Siebenbürger Sachsen.

Schülerinnen und Schüler verteilten grüne Fähnchen

Etwas schlichter, dafür mit historischen Ambiente bis hin zur Ritterrüstung, waren die rustikalen Kleider der Gewandnäher Sindelfingen. Im übrigen hätte man meinen können, einer Zusammenkunft der politisch Grünen beizuwohnen. Etliche Schülerinnen und Schüler verteilten gegen eine kleine Spende grüne Fähnchen, die man sich anstecken konnte. Unterstützt wurde damit ein Projekt der Johannes-Widmann-Schule. Geschätzt mehr als 50 Prozent der Zuschauer trugen so Grün.

Politiker waren auch vor Ort: Sindelfingens Oberbürgermeister Bernd Vöhringer, Sindelfingens Finanzbürgermeister Christian Gangl, der Bundestagsabgeordnete Marc Biadacz und natürlich der Ortsvorsteher Wolfgang Stierle. Eines hatten der Organisator Walter Arnold und der Oberbürgermeister gemeinsam, sie durften den von einem Treckerfahrer gereichten Schnaps durch die Kehle laufen lassen. Walter Arnold erhielt als städtisches Dankeschön ein Päckchen beste Schokolade vom deutschen Meister aus Sindelfingen.

Pferde waren gestriegelt und prächtig geschmückt

Reiten ist populär, besonders bei Mädchen und auch Frauen. „Ich habe vor ein paar Tagen Geburtstag gehabt und feiere ihn heute erst mit meinen Freundinnen“, berichtet die zehnjährige Theresa. „Dazu zählt der Besuch beim Rosstag und nachher gehen wir auch beim Maichinger Reitverein eine Runde reiten.“ Ihre Mutter ergänzt: „Sie möchte gerne reiten, ist aber schon seit zwei Jahren auf der Warteliste. Wir hoffen, dass sie bald einen Platz bekommt.“

Die Musikkapelle Maichingen und der Fanfarenzug Weil der Stadt vervollständigten den Eindruck, wie es früher mal zugegangen ist. Insofern kann man dem Rosstag eine lebendige Historien- und Kulturpflege attestieren. Auch die Pferde waren nicht nur gestriegelt, sondern prächtig geschmückt. Manche Rassen werden durch den sportlichen Freizeitbereich weiter gezüchtet und vor dem Aussterben geschützt, denn die schwergewichtigen Arbeitstiere werden in der Regel nicht mehr gebraucht. Ausnahme ist der Holztransport im Wald.

Von kleinen Ponys bis zu großen Warmblütern

Die Pferde erfreuten nicht nur die Erwachsenen, besonders die Kinderaugen leuchteten begeistert. Kein Wunder, denn die Variationsbreite der Huftiere ist beeindruckend. Vom kleinsten Pony mit rund 100 Kilogramm Gewicht reicht die Spannbreite bis zu großen Warmblütern, die locker über eine Tonne wiegen und sich meist durch einen sehr sanften Charakter auszeichnen. Krönung des Zuges war eine Kutsche mit Schwarzwälder Pferden, die zu zehnt brav nebeneinander und hintereinander her trabten, um eine Kutsche ziehen. Ihr entstieg auch die politische Prominenz. Ob das etwas über deren politisches Gewicht sagt?

Zu den besonders pittoresken, historischen Wagen zählte auch eine alte Feuerwehrleiter, die etwas Wasser über die Zuschauer spritzte und einen Eindruck vermittelte, wie man früher dem Feuerteufel Einhalt gebieten wollte. Da ist die heutige Technik effizienter. Passenderweise demonstrierten auch einige Pferde, dass man nicht ohne Futter auskommt und daher auch mal was fallen darf. Zu den letzten Wagen zählte ein moderner Straßenreinigungswagen, der mit Wasser und Bürsten das biologische Produkt, das erwiesenermaßen auch zur Düngung taugt, gleich wieder einsammelte. Zufrieden waren die Veranstalter und offensichtlich glücklich auch die Zuschauer, wenn man in deren Gesichter schaute.