Für Wolfgang Schuster, so zeigt sich nun, rächt sich gegen Ende seiner Amtsjahre ein Wesenszug, den viele an ihm schätzen, der aber im heftigen Getümmel des politischen Tagesgeschäfts seine Nachteile hat: Der OB sieht sich als diplomatischen Sachwalter seiner Stadt, der laute Worte, gar die offene verbale Feldschlacht mit Gegnern und Kritikern scheut, ihr konsequent aus dem Wege geht.

 

Beispiel Stuttgart 21: Als die Deutsche Bahn, die Berliner Politik und auch die hiesige Landespolitik das Projekt über Jahre hinweg aufs Eis legten, war der Oberbürgermeister der einzige Politiker, der beharrlich daran festhielt. In diesen schwierigen Jahren haben ihn die eigenen Parteifreunde ein ums andere Mal im Stich gelassen.

Selbst der damalige Ministerpräsident Günther Oettinger sah es seinerzeit nicht ungern, dass die Pfeile der Projektgegner nur auf Schuster zielten, den sie in der Öffentlichkeit unwidersprochen als den vermeintlichen Bauherrn dieses ungeliebten Vorhabens anprangern konnten. Bei der Schlichtung unter Heiner Geißler hat sich im vergangenen Herbst gezeigt, dass der Stuttgarter Oberbürgermeister bei S21 gar nicht in die erste Reihe gehört, sondern "nur" eine Art von Juniorpartner ist. Trotzdem musste er in der Hochphase der Auseinandersetzungen auf den Straßen der Landeshauptstadt für sich Personenschutz in Anspruch nehmen.

Wolfgang Schuster bleibt bei seiner Linie - und schweigt. Zumindest bis zur Landtagswahl am 27.März will er sich nicht weiter äußern. Doch ganz gleich, wie diese Wahlen auch ausgehen - der Oberbürgermeister bleibt für den Rest seiner Amtszeit ein einsamer Mann. Sein Verhältnis zu Stefan Mappus wird sich nicht mehr kitten lassen. Dabei sind beide in vielen Bereichen der Politik aufeinander angewiesen. Beide sind die Verlierer dieser Tage.