Bundesinnenminister Friedrich will Daten zu gewaltbereiten Rechtsextremisten künftig zentral erfassen. Die Bundesjustizministerin ist skeptisch.

Berlin - Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich plant als Konsequenz aus der jahrelang unentdeckt gebliebenen Neonazi-Mordserie eine umfassende Datei zu gewaltbereiten Rechtsextremisten. Der CSU-Politiker wolle dazu möglichst schnell einen Gesetzentwurf vorlegen, bestätigten Regierungskreise am Dienstag in Berlin einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“. Friedrich schlug auch einen Kompromiss im Koalitionsstreit um die Vorratsdatenspeicherung vor, indem er eine Speicherfrist von vier Monaten zur Debatte stellte.

 

Das Bundesjustizministerium wies den Vorschlag umgehend zurück. Ein Sprecher bekräftigte auf dpa-Anfrage, dass Ressortchefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) mit „Quick Freeze“ eine Alternative vorgelegt habe. Danach soll nur nach konkretem Anlass gespeichert werden. „Wenn in den Sicherheitsbehörden jahrelang Ermittlungen der Rechtsextremen Mordserie nicht aufgeklärt werden konnten, dann hilft auch eine Vorratsdatenspeicherung nicht weiter“, sagte der Sprecher.

Die von Friedrich verfolgte Verbunddatei zum Erfassen von Rechtsextremisten gehört zu dem Zehn-Punkte-Plan, den das Bundesinnenministerium nach Bekanntwerden der Neonazi-Mordserie und der Zwickauer Neonazi-Zelle vorgelegt hatte. Im Gespräch ist unter anderem, Bankverbindungen, Telefonverbindungen und Kontaktleute von gewaltbereiten Rechtsextremisten zentral zu speichern, damit jede Stelle darauf Zugriff hat und die Ermittler ein Gesamtbild haben.

Abstimmung mit den Ländern erforderlich

Das Bundesjustizministerium reagiert bislang zurückhaltend auf die Pläne. Es verwies darauf, dass zunächst eine genaue Analyse der Fehler im Zusammenhang mit der Zwickauer Neonazi-Zelle im Vordergrund stehe. „Die zentralen Probleme, die bereits jetzt sichtbar geworden sind, sind durch Vollzugsdefizite entstanden“, sagte ein Sprecher. Der Informationsaustausch müsse verbessert werden. Er bekräftigte die Forderung von Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger, den Verfassungsschutz stärker zu konzentrieren, indem Landesämter miteinander verschmolzen werden.

Friedrichs Gesetzentwurf zur zentralen Datei muss noch zwischen den Ressorts und auch mit den Ländern abgestimmt werden. Die Datei soll nach dem Vorbild der Anti-Terror-Datei zu gewaltbereiten Islamisten beim Bundeskriminalamt eingerichtet werden. Zugriff haben sollen die Polizei und Verfassungsschutzämter von Bund und Ländern. Die Behörden sollen nach bisherigen Plänen verpflichtet werden, ihre Daten zu gewaltbereiten Rechtsextremisten in der Datei zu speichern.

Die Datei soll nach den Worten Friedrichs auch Grundlage für ein gemeinsames Abwehrzentrum Rechtsextremismus sein. Darin sollen Polizei und Verfassungsschutz von Bund und Ländern eng kooperieren. Bereits gestärkt wurde das Bundesamt für Verfassungsschutz: Die Landesämter müssen ihm jetzt ihre Erkenntnisse zum Rechtsterrorismus vorlegen. Darauf hatten sich die Staatssekretäre von Bund und Ländern kürzlich geeinigt. Die Innenminister werden sich auch auf ihrer Konferenz am 8. und 9. Dezember in Wiesbaden mit Schlussfolgerungen aus der Neonazi-Mordserie beschäftigen.