Der Ludwigsburger OB teilt ein Bild von einer Kundgebung gegen Rassismus. Weil er dabei den von Rechtspopulisten okkupierten Slogan „All Lives Matter“ nutzt, bringt er Teile seiner Follower gegen sich auf.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Ludwigsburg - Nach der Demonstration gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit am vergangenen Samstag auf dem Ludwigsburger Rathaushof hat Matthias Knecht (parteilos) einen Teil seiner Follower auf Facebook gegen sich aufgebracht. Als empathielos, gar antidemokratisch wurde der Oberbürgermeister beschimpft. Grund dafür war nicht etwa sein Auftritt auf der Demo, sondern ein Posting, das er anschließend im Internet auf Facebook und Instagram verbreitete. Dort nutzte er den Slogan „All Lives Matter“ (deutsch: jedes Leben zählt), der in den USA als Reaktion auf die „Black-Lives-Matter“-Bewegung entstand.

 

Das Problem, das viele darin sehen: Während hinter „Black Lives Matter“ die Botschaft steht, dass es systematischen, strukturellen Rassismus gegen Schwarze gibt, der für die Betroffenen tödlich enden kann, blendet das alternative „All Lives Matter“ aus, dass weiße Menschen davon zumeist nicht betroffen sind.

Posting geändert, Kommentare gelöscht

Auf Facebook artete die Diskussion derart aus, dass Knecht reagierte und das Posting änderte und alle Kommentare löschte. „Mir geht es nur um die Sache. Gestern waren die Statements vor Ort, inklusive meinem, sehr eindeutig, das darf niemals entwertet werden durch eine Diskussion über Begriffe oder über die Zusammenführung mit den schlimmen Ereignissen in Stuttgart“, schrieb Knecht auf Facebook.

Ihm sei durchaus bewusst gewesen, dass der Begriff strittig sei, er habe ihn aber benutzt, um niemanden auszuschließen, sagte Knecht. „Rassismus betrifft ja bei uns auch nicht nur schwarze Menschen.“ Während der Kundgebung seien zum Beispiel arabische und türkischstämmige Teilnehmer auf ihn zugekommen und hätten ihn darum gebeten, auch sie mit einzubeziehen. Eine Nähe zu rechtem Gedankengut oder gar der AfD, die versucht hatte, den Slogan in Deutschland zu besetzen, wies Matthias Knecht weit von sich.

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Das Posting vom Samstag zeigt, wie schwierig die Kommunikation für Politiker im Netz ist. Ein unbedachtes Statement kann schnell eine Dynamik entwickeln, Rechtfertigungsversuche machen die Situation meist nur schlimmer. Das wissen auch die Ludwigsburger Gemeinderäte. Jürgen Müller (Linke) lässt deshalb die Finger von den sozialen Netzwerken. Oft sei es schwierig, den Überblick zu behalten, wer welche Formulierungen wie besetzt habe. Max Girrbach (Grüne) bezog auf der Bilder-Plattform Instagram Stellung. „Wenn man sich richtig mit der Thematik beschäftigt hätte, würde man nicht mehr mit ‚all lives matter’ um sich werfen“, kommentierte Girrbach. „Ich will ihm da keinen Strick draus drehen, habe aber an den Oberbürgermeister einen höheren Anspruch“, so Girrbach. Knecht hätte sich besser informieren sollen und können.

Sachliche Diskussion auf Facebook nicht möglich

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Michael Vierling will dem Posting nicht zu viel Bedeutung beimessen, eine böse Absicht Knechts schließt er aber aus. „Er hat eine super Ansprache gehalten“, so Vierling. Ohnehin sei es wichtiger, bei so einer Demo Präsenz zu zeigen. Das wünscht er sich auch von denjenigen, die im Netz so vehement auf die Verfehlung hinwiesen. „Sie sollten nächstes Mal auch lieber hingehen, statt später dann irgendwas ins Handy zu tippen“, findet Vierling.

Matthias Knecht will künftig noch ein bisschen genauer auf seine Formulierungen im Netz achten. „Ich habe aber auch gemerkt, dass es wenig Sinn macht, auf Facebook eine geschichtliche oder wissenschaftliche Diskussion zu führen. Da ist man schnell am Ende.“