Die Geschäftsführung der Ippen-Gruppe soll eine Recherche zum Thema Machtmissbrauch im Verlagshaus Axel Springer verhindert haben. Das sorgt für viel Kritik.

München, Berlin - Die Geschäftsführung der Ippen-Gruppe soll nach Aussagen von Mitarbeitern die Veröffentlichung einer Recherche zu vermeintlichem Machtmissbrauch im Verlagshaus Axel Springer verhindert haben. Die Entscheidung sei den Redaktionsleiterinnen und -leitern im Unternehmen vom Chefredakteur der Ippen-Digital-Zentralredaktion, Markus Knall, mitgeteilt worden, heißt es in einem Protestbrief des Teams von Ippen Investigativ, das die Recherche vorgenommen hatte. Die Berichterstattung zum Umgang mit Mitarbeiterinnen insbesondere durch den „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt und weiteren Missständen bei Axel Springer sei eigentlich für den vergangenen Sonntag geplant gewesen.

 

„New York Times“ berichtet zuerst

Das Rechercheteam sei „schockiert von dieser Entscheidung“, heißt es in dem Brief. Die Recherche sei redaktionell und juristisch über Monate abgestimmt worden. Die Journalistinnen und Journalisten hätten „nach allen Standards der investigativen Recherche gearbeitet und wasserdichte, zur Veröffentlichung geeignete, neue und exklusive Informationen recherchiert“. Die Entscheidung der Geschäftsführung und des Verlegers Dirk Ippen widerspreche „allen Regeln der unabhängigen Berichterstattung“ und sei „eine absolute Verletzung des Grundsatzes der Trennung von Redaktion und Verlag“. Das Portal „Übermedien“ und die „New York Times“ hatten zuerst über den Vorgang berichtet.

„Eingriff völlig inakzeptabel“

Kritik an dem Vorgehen im Verlag kam auch vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV). „Sollten die Vorwürfe des Ippen-Investigativteams zutreffen, dass Herr Ippen persönlich die Berichterstattung verhindert hat, dann wäre das ein massiver Eingriff in die redaktionelle Unabhängigkeit und die innere Pressefreiheit der Redaktion bei der Ippen-Gruppe“, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall: „Ein solcher Eingriff nach Gutsherrenart wäre völlig inakzeptabel.“ Verleger dürften sich grundsätzlich nicht in redaktionelle Entscheidungen einmischen.

Die Vorwürfe des Machtmissbrauchs gegen den „Bild“-Chefredakteur Reichelt stehen bereits seit Anfang März im Raum. Damals berichtete der „Spiegel“, dass rund ein halbes Dutzend Mitarbeiterinnen dem Medienhaus Vorfälle aus den vergangenen Jahren angezeigt hätten. Nach der Veröffentlichung der Anschuldigungen wurde Reichelt auf eigenen Wunsch freigestellt, das Unternehmen leitete eine Compliance-Untersuchung zur Prüfung der Vorwürfe ein. Ende März kehrte Reichelt an seinen Arbeitsplatz zurück. Zur Begründung hieß es, der Vorstand des Medienkonzerns sehe es trotz bei der Untersuchung festgestellter Fehler in der Amts- und Personalführung als nicht gerechtfertigt an, Reichelt von seinem Posten abzuberufen.