Mitte Mai wurde ein 17-Jähriger in Stuttgart-Rohr von einer S-Bahn mitgeschleift, dabei wurde ihm ein Bein abgetrennt. Eine Überwachungskameras hätte den Unfall aufzeichnen sollen. Aber sie war kaputt.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Rohr - Zeugenaussagen von Fahrgästen in der S-Bahn und Wartenden am Bahnsteig ließen darauf schließen, dass der 17-Jährige, der in der Nacht vom 17. auf den 18. Mai am S-Bahnhalt in Rohr unter eine S-Bahn der Linie S 2 geriet, „erheblich alkoholisiert“ gewesen sei, sagt ein Sprecher der Bundespolizei. Ein Fremdverschulden hingegen werde laut derzeitigem Stand ausgeschlossen. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. „Die Gruppe, mit der der Jugendliche unterwegs war, muss noch vernommen werden“, so der Polizeisprecher. Da die jungen Erwachsenen allerdings erst nach dem Vorfall zum Ort des Geschehens gekommen seien, sei fraglich, ob ihre Aussagen Rückschlüsse auf den Unfallhergang zulassen.

 

S-Bahn trennte Bein des Jungen ab

Der 17-Jährige stürzte an der Haltestelle „Rohr“ vor die einfahrende S-Bahn. Er wurde unter dem Zug mitgeschleift. Dabei wurde dem Jugendlichen ein Bein abgetrennt, auch ein Arm wurde schwer verletzt. Aus dem Bekanntenkreis des 17-Jährigen heißt es, dass er seinen Arm in Folge des Unfalls ebenfalls verloren hat. Die Bundespolizei kann das weder bestätigen noch verneinen. „Was ich sagen kann ist lediglich, dass der junge Mann am Leben ist“, sagt der Sprecher.

Kamera am Bahnsteig war defekt

Zur Klärung des Unfallhergangs in Rohr wollte die Polizei auf die Aufnahmen der Kameras am Bahnsteig zurückgreifen. Das betreffende Gerät sei zum Unfallzeitpunkt allerdings defekt gewesen. Das bestätigt die Deutsche Bahn auf Nachfrage. „Am fraglichen Tag hat die Kamera nicht funktioniert. Warum, wissen wir noch nicht“, sagt ein Bahnsprecher. Die Kameras würden wöchentlich überprüft, die letzte Kontrolle sei „wenige Tage“ vor dem Unfall gewesen. Da habe das Gerät noch aufgezeichnet. Nach Bekanntwerden des Ausfalls habe die Bahn sofort einen Techniker zur Reparatur nach Rohr geschickt.

Polizei warnt vor Gefahren

Aus gegebenem Anlass warnt die Bundespolizei vor den Gefahren im Gleisbereich, die viele oftmals unterschätzten. Zum einen habe ein vorbeifahrender Zug eine enorme Sogwirkung, die Gegenstände und Personen in den Gleisbereich ziehen könne. Auch an Bahnsteigen bestehe die Gefahr bei ein- und ausfahrenden Zügen. Die weiße Linie am Bahnsteig zeige den Mindestabstand, den man zum Gleisbereich einhalten sollte, sagt die Bundespolizei.

Und: „Nicht alle Züge, die auf einer Strecke verkehren, stehen im Fahrplan, etwa Güterzüge oder vorbeifahrende Schnellzüge“, nennt der Sprecher eine weitere Gefahr. „Man sollte jederzeit damit rechnen, dass ein Zug vorbeifahren kann.“ Bahnen seien trotz ihrer Größe erst spät zu hören, elektrisch betriebene Züge erst recht.

„Wenn man dann noch abgelenkt ist, etwa durch den Blick auf das Handy oder durch Kopfhörer auf den Ohren, kann es oft zu spät sein“, sagt der Bahnsprecher und warnt davor, Gleise einfach so zu überqueren. „Es gibt einen Grund, warum es Unterführungen und ampelgeregelte oder beschrankte Übergänge gibt.“

Das Überqueren der Gleise kann schnell tödlich enden, wie etwa im April, als in Bad Cannstatt ein 50-jähriger Mann von einem Zug erfasst und getötet wurde. Laut Polizei war er Besucher des Frühlingsfests auf dem Cannstatter Wasen und alkoholisiert gewesen.