In einem Video, dass Misshandlungen an Tieren zeigt, ist auch eine Amtstierärztin zu sehen.
Kreis Böblingen - Im Zusammenhang mit den Vorwürfen der Tierquälerei im Schlachthof Gärtringen hat sich der Landkreis Böblingen von den dort zuständigen Amtstierärzten getrennt. Diese Trennung sei einvernehmlich erfolgt, betont das Landratsamt.
Zuvor wurden über 500 Stunden Video-Rohmaterial aus Überwachungskameras ausgewertet, um die Frage zu klären, ob amtliche Tierärzte der Veterinäraufsichtsbehörde ihre Dienstpflichten verletzt haben. Der Tierrechtsverein Soko Tierschutz hatte Ende August einen Videozusammenschnitt veröffentlicht, in dem Misshandlungen von Tieren durch einige Schlachthofmitarbeiter zu sehen sind. Das Video hatte bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt. In der Folge hatte das Landratsamt den Schlachthof vorerst geschlossen.
In Sachen Tiermisshandlung ermittelt der Staatsanwalt
In einigen Szenen taucht auch eine Amtstierärztin auf, die scheinbar nicht eingreift, wenn etwa Tiere nur unzureichend betäubt sind. Die Überwachungskameras hatte die Soko Tierschutz dort heimlich installiert und die Aufnahmen später dem Landratsamt zur Verfügung gestellt. Auf den Videos sind etwa 600 Schlachtvorgänge, meist von Schweinen, aber auch von Rindern und Schafen zu sehen.
Die Auswertung erfolgte zunächst durch das zuständige Veterinäramt selbst, teilt das Landratsamt mit. Um keinen Verdacht von Befangenheit zuzulassen, hatte der Landkreis Böblingen zudem das Regierungspräsidium Stuttgart als Fachaufsicht, eine externe Gutachterin aus Norddeutschland und die Landestierschutzbeauftragte, Julia Stubenbord, um eine Bewertung der Vorwürfe gebeten. „Mögliche Verfehlungen der Schlachter waren nicht Gegenstand der Untersuchungen, da dazu die Staatsanwaltschaft selbst ermittelt“, erklärt das Landratsamt.
Vier Verfehlungen der Amtstierärztin
Der amtlichen Tierärztin aus dem Video konnten bei der Auswertung bei vier Schlachtvorgängen Verstöße nachgewiesen werden. Zweimal seien erfolgte Nachbetäubungen nicht pflichtgemäß dokumentiert worden. Einmal sei eine Nachbetäubung trotz ihrer Kenntnisnahme nicht angeordnet worden. Einmal wurde der Einsatz eines Elektrotreibers nicht kontrolliert. „Nach einer juristischen Bewertung rechtfertigen die Verstöße eine Abmahnung der Behördenmitarbeiterin“ schlussfolgert das Landratsamt.
Dazu sagt Landrat Roland Bernhard: „Verfehlungen sind zwar menschlich, aber gerade im sensiblen Bereich des Tierschutzes dürfen Fehler nicht toleriert werden. Für einen glaubwürdigen Neustart des Schlachthofes brauchen wir Kontrollpersonal, das unbefangen ist. Wir werden uns daher von unserem tierärztlichen Personal am Schlachthof Gärtringen einvernehmlich trennen.“
Neustart mit neuem Konzept und neuem Personal
Währenddessen arbeite man mit der Schlachthof-Genossenschaft an einem Gesamtkonzept für einen Neustart. Noch in diesem Jahr will man ein bauliches Konzept vorlegen mit einem konkreten Umsetzungsplan. Auch beim Thema Regionalvermarktung der Fleischerzeugnisse ist man in Gesprächen mit Bauern und Metzgern, wie eine Neuausrichtung gelingen kann.
Eine Wiederinbetriebnahme soll mit einem tragbaren Konzept, das auch die amtlichen Kontrollpflichten aufseiten des Veterinäramtes beinhalte, geschehen. „Bei der Neuauswahl des Personals wird auf eine intensive Schulung geachtet“, betont das Landratsamt. Man habe zudem die Vorstellung, im Zusammenwirken mit dem Land das Personal kreisübergreifend rollierend einzusetzen.