Unter den CSU-Bundestagsabgeordneten gibt es nach dem Desaster bei der bayerischen Landtagswahl erheblichen Unmut über Parteichef Horst Seehofer. Es gibt Forderungen nach einem personellen Neuanfang.

Berlin - Nach den schweren CSU-Verlusten bei der Landtagswahl in Bayern sind in der CSU-Landesgruppe im Bundestag Forderungen nach einem personellen Neuanfang laut geworden. Nach Informationen der dpa gab es am Dienstag in der Sitzung der CSU-Bundestagsabgeordneten zwar keine konkreten Rücktrittsforderungen gegen Parteichef Horst Seehofer. Teilnehmer berichteten aber, es habe neben nüchterner Analyse des Wahlergebnisses auch Kritik gegeben. Der Wunsch nach einem Rückzug Seehofers sei spürbar gewesen, hieß es.

 

Die CSU hatte bei der Landtagswahl am Sonntag mit einem Minus von gut zehn Punkten nur noch 37,2 Prozent erreicht, ihr schlechtestes Ergebnis seit 1950.

In der Landesgruppensitzung gab es nach diesen Angaben fast 20 Wortmeldungen zur Lage nach der Bayern-Wahl. Es war von zahlreichen Forderungen nach einem personellen Neuanfang die Rede, wie es von mehreren Teilnehmern hieß. Der Beschluss des CSU-Vorstands vom Montag, erst nach der Kabinettsbildung Ende November oder im Dezember eine vertiefte Analyse anzustellen und mögliche Konsequenzen zu ziehen, sei von einigen als Hinhaltetaktik empfunden worden. Kritisiert wurden zudem eine falsche Themensetzung und der unionsinterne Streit im Wahlkampf.

Seehofer traf Angela Merkel im Kanzleramt

Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wurde von Teilnehmern mit den Worten zitiert: „Das Ergebnis der Wahl ist schmerzlich und kann unserem Anspruch nicht genügen.“ Nicht das linke Lager sei gestärkt worden, sondern das Spektrum Mitte-Rechts und Rechts-Außen. Eine deutliche Mehrheit wolle eine bürgerliche Koalition.

Eindimensionale Strategien würden angesichts der Wählerwanderungen nicht helfen: „Wir haben doppelt soviel Wähler an Freie Wähler und AfD auf der bürgerlichen Seite verloren wie auf der linken Seite an die Grünen“, wurde Dobrindt zitiert. Die CSU müsse den Nutzen von Volksparteien wieder stärker herausstellen, die das politische Spektrum von der Mitte bis zur demokratischen Rechten abbildeten.

Seehofer nahm bis 12 Uhr an der Landesgruppensitzung teil. Danach äußerte er in einer Pressekonferenz zu den Ergebnissen der Landtagswahl. Er sei bereit, über personelle Fragen als Konsequenz aus der Schlappe bei der Wahl zu sprechen. Im Anschluss an die öffentlichen Äußerungen traf sich Seehofer mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Kanzleramt. Es habe sich um ein Routinetreffen gehandelt, hieß es anschließend. An der Sitzung der Unionsfraktion nahm Seehofer nicht teil, weil er nach Bayern zurückkehrte.