Adidas steht vor einem Rekordjahr 2016. Aber die US-Tochter Reebok bleibt hinter den Erwartungen zurück. Der neue Adidas-Chef verordnet ihr ein Fitnessprogramm.

Herzogenaurach - Erst 34 Tage ist der neue Adidas-Chef Kasper Rorsted im Amt und schon lässt er seine Muskeln spielen. „Jeder Konzernteil muss seinen Beitrag leisten und von Reebok bekommen wir nicht den, den wir erwarten“, erklärte der Däne bei seinem ersten öffentlichen Auftritt als Vorstandschef in Herzogenaurach. Als Folge unterwirft er die US-Tochter, mit der sich die Franken seit über einem Jahrzehnt mehr schlecht als recht herumschlagen, einem 30 Millionen Euro kostenden Fitnessprogramm.

 

150 Jobs werden am Reebok-Sitz in Boston gestrichen, Läden geschlossen, die Reebok-Zentrale zieht um und wird von den US-Aktivitäten der Marke Adidas getrennt. Die Reebok-Manager sollen sich ganz auf das eigene Geschäft konzentrieren. Man kann die Aktion aber auch anders interpretieren. Dann wäre es der letzte Versuch, die zur Fitnessmarke umgebaute US-Tochter auf Adidas-Linie zu bringen. Schlägt die neuerliche Kur nicht an, wäre Reebok bereits verkaufsfertig vom Rest des Konzerns getrennt.

Als Zauderer erweist sich der neue Adidas-Chef nicht

Rorsted hofft aber noch auf eine Wende. „Wenn wir nicht glauben würden, dass es klappt, hätten wir etwas anderes gemacht“, sagt der 54-Jährige zu seinen Umbauplänen für Reebok. Was das Andere ist, lässt er offen, kommt aber im gleichen Atemzug auf die Golfsport-Tochter Taylor Made zu sprechen, die bis Ende des Jahres verkauft sein soll. Als Zauderer, den der Schatten seines Vorgängers Herbert Hainer schreckt, erweist sich der bekennende Sportfan Rorsted damit nicht.

Ersterer hatte Adidas 15 Jahre lang geführt und auch den Kauf von Reebok vor elf Jahren verantwortet. Sein Nachfolger hat acht Jahre lang an der Spitze des Düsseldorfer Konsumgüterkonzerns Henkel gemanagt und diesen in schwierigen Zeiten auf Rendite getrimmt. Bei Adidas hatte er sich in seinen ersten Tagen zumindest nach außen hin betont zurückhaltend gegeben. Seinen Arbeitstag lässt er kurz nach sechs Uhr morgens branchennah im Fitnessraum der Herzogenauracher Konzernzentrale beginnen. Er scheint aber auch gewillt, Adidas ins Schwitzen zu bringen. Bei der Rentabilität hinken die Franken ihrem US-Erzrivalen Nike trotz Fortschritten weiter hinterher. Und am weltgrößten Sportmarkt USA sind die Deutschen mittlerweile auch hinter den dortigen Aufsteiger Under Armour zurückgefallen.

Rorstedt droht der US-Tochter Reebok ziemlich unverhohlen

Das will der sich umgänglich gebende neue Adidas-Chef wieder ändern. Ohne Hausmacht ist er nach Franken gekommen. Andere Topmanager umgeben sich an neuer Stätte erst einmal mit Vertrauten. Unterschätzen sollte man den Manager mit dem Dreitagebart aber nicht, wie seine erste Duftspur zeigt. Reebok wachse zwar, aber mit zuletzt sieben Prozent gerade ein Drittel so stark wie die Kernmarke Adidas, die es auf 20 Prozent Wachstum bringt, kritisiert er. Auch hinter dem Zuwachs von Konkurrenten hinke Reebok her, ganz zu schweigen von der mangelnden Profitabilität. Die Fitnessmarke sei zwar mit in diesem Jahr rund zwei Milliarden Euro Umsatz ein wichtiger Teil von Adidas mit sich abzeichnenden Gesamterlösen von 20 Milliarden Euro. Zugleich stehe die US-Tochter damit aber auch nur für ein Zehntel aller Umsätze, meinte der Däne drohend. Schon im Lauf des nächsten Jahres will er Fortschritte beim US-Sorgenkind sehen.

An der Börse sorgten die Neuigkeiten für starken Druck auf die Adidas-Aktie. Das in den Monaten zuvor stark gestiegene Papier gab zeitweise um gut acht Prozent auf unter 135 Euro nach und war damit das Schlusslicht im Dax. Als Gesamtkonzern stehe Adidas 2016 vor einem Rekordjahr, freute sich Rorsted zur Vorlage eine Zwischenbilanz nach neun Monaten. Diese Zahlen seien aber noch das Verdienst von Vorgänger Hainer. Bis Ende September sind die Konzernumsätze währungsbereinigt um rund 15 Prozent auf 14,6 Milliarden Euro gewachsen, wofür auch die diesjährige Fußball-Euromeisterschaft und die Olympischen Spiele gesorgt haben. Parallel wuchs der Gewinn nach Steuern um fast die Hälfte auf gut eine Milliarde Euro.

Die Digitalisierung der Sportartikelbranche ist ein entscheidendes Thema

2017 soll Adidas auf Wachstumskurs bleiben, wenn auch wohl nicht mehr mit den Raten dieses Jahres, warnte Rorsted. Der Konzern sei aber in einer ausgezeichneten Verfassung, lobte er seinen neuen Arbeitgeber und damit auch die Arbeit von Vorgänger Hainer. Der hinterlässt große Fußspuren, was auch Erwartungsdruck auf den ihm nachfolgenden Dänen aufbaut. „Aber mir ist es lieber, ich arbeite bei einem Champions League-Teilnehmer als in der zweiten Liga“, meinte dieser im Sportlerjargon. Zudem gebe es immer Verbesserungspotenzial.

Was das über Reebok hinaus bedeutet, will er erst bei der Bilanzvorlage im März kommenden Jahres enthüllen. Eine völlig neue Strategie will er dem Vernehmen nach nicht aus dem Hut zaubern. Entscheidend für Adidas seien aber die Digitalisierung der Sportartikelbranche und der Schlüsselmarkt USA. Reebok zeigt zudem, dass der Manager, keine große Ehrfurcht vor Hainers Erbe kennt.