Im Streit um die Freistellung von Adam Szalai hat der 1. FSV Mainz 05 einen weiteren Streik seiner Spieler abgewendet. Vor der Partie gegen den VfB Stuttgart stellt sich aber die Frage: Hält der Friede?

Sport: Dirk Preiß (dip)

Mainz/Stuttgart - Es waren Sätze, die man zuletzt öfter gehört hat in Bezug auf die neue Saison der Fußball-Bundesliga. „Der Fußball muss wieder im Vordergrund stehen.“ Oder: „Es muss begeisternd Fußball gespielt werden.“ Und: „Es muss weiter gehen.“ Wie gesagt: Alles schon mal dagewesen. Und am Donnerstagmittag doch einzigartig.

 

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Es ging beim 1. FSV Mainz 05 nämlich nicht etwa um die Folgen der Corona-Pandemie, den sportlichen Überlebenskampf oder Spiel eins nach der Auftaktniederlage bei RB Leipzig (1:3). Sondern um einen Vorgang innerhalb des Clubs, der mehr nur außergewöhnlich war. „Es war“, gab Rouven Schröder, der Sportvorstand zu, „eine Eskalationsstufe.“ Die viel mit einem ehemaligen Stürmer des VfB Stuttgart zu tun hat.

Eskalation mit Vorgeschichte

Die Vorgeschichte geht so: Die Mainzer Sportverantwortlichen haben – nach eigener Aussage – dem Angreifer Adam Szalai schon früh klargemacht, dass es für ihn in der nun laufenden Saison schwierig werden würde mit regelmäßigen Einsatzzeiten. „Wir wollen jungen Spielern mehr Zeit und Raum geben“, sagt der Trainer Achim Beierlorzer. Der 32-jährige Ungar, der in dieser Saison auch um ein EM-Ticket für 2021 kämpft, hat jedoch bislang einen Wechsel nicht forciert und ist im Team der Mainzer hoch angesehen. In der ersten Runde des DFB-Pokals stand er noch im Kader, vor der Partie gegen den VfB Stuttgart (Samstag, 15.30 Uhr) wurde ihm jedoch mitgeteilt, er sei ab sofort kein Kadermitglied mehr. „Absolut ruhig und professionell“ sei das Gespräch abgelaufen, sagt Beierlorzer. „Wir wollten ein klares Verhältnis haben“, ergänzt Schröder. Doch die explosive Wirkung der Maßnahme hat der ganze Verein unterschätzt.

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Am Mittwoch jedenfalls wurde Szalai die Teilnahme am gemeinsamen Athletiktraining verwehrt, daraufhin solidarisierten sich die übrigen Spieler mit dem Stürmer und weigerten sich, das angesetzte Training zu absolvieren. Stattdessen wurde emotional und hitzig diskutiert. Wohl auch, weil rund um den FSV nicht mehr nur Szalais Lage als Grund für die Eskalation ausgemacht worden ist.

Krisensitzung der Vereinsführung

Von einem schon länger schwelenden Zerwürfnis zwischen Trainer und Mannschaft berichten einige Beobachter der Bruchweg-Szene. Beierlorzer dagegen sieht eine aus seiner Sicht fehlinterpretierte „nötige Aussprache“ gegen Ende der vergangenen Saison als Ausgangspunkt dieser Sichtweise und betont: „Ich sehe kein Zerwürfnis.“ Zudem laufen intern die Gespräche über eine mögliche Rückzahlung der wegen Corona teils gestundeten Gehälter der Profis. Angeblich hatte sich auch Szalai als Mitglied des Mannschaftsrats für die Erstattung stark gemacht. „Abkoppeln“ müsse man die Geschehnisse voneinander, fordert nun Rouven Schröder. Die Aussortierung Szalais habe mit der Diskussion um die Löhne nichts zu tun.

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So oder so hatte der Club seit Mittwoch alle Hände voll zu tun, die Situation zu beruhigen – und vor allem: die Mannschaft auf das Spiel gegen den VfB vorzubereiten. Den Diskussionen mit der Mannschaft folgte am Mittwochabend eine Krisensitzung der Vereinsführung. Am Donnerstagmorgen wurde dann noch einem mit dem gesamten Team und dem Mannschaftsrat geredet, am Nachmittag dann auch wieder gemeinsam trainiert. „Wir werden“, versprach Schröder, „alles dafür tun, um am Samstag zu gewinnen.“ Ob die Spieler ähnlich motiviert sind?

Szalai trainiert beim U-23-Team

Dass nach dieser Aktion, für die es im professionellen Fußball nur wenige Beispiel gibt, nicht von heute auf morgen wieder alles gut sein kann, wissen auch die Mainzer. „Jedem muss bewusst sein, was da passiert ist“, sagt Schröder, der zudem betonte, man habe der Mannschaft ihre Verantwortung für den Verein klargemacht. Die im Fall Szalai gezeigte Solidarität müsse das Team nun auch auf dem Spielfeld zeigen – „das ist der Anspruch“.

Adam Szalai, dessen Berater sich über die Freistellung „fassungslos“ zeigte („Weder auf noch neben dem Platz hat sich Adam etwas zu Schulden kommen lassen. Das kann nicht akzeptiert werden“) wird aus der Ferne verfolgen, ob das nach dieser turbulenten Woche gelingt. An dessen Status des Aussortierten änderte nämlich auch der Aufstand der Kollegen nichts. Er trainierte am Donnerstag erstmals mit dem U-23-Team des FSV. Vorläufig. Denn ausgestanden ist die Sache wohl noch lange nicht. „Wir werden standhaft bleiben und durchsetzen, dass Adam nächste Woche wieder am Mannschaftstraining teilnehmen darf“, sagte Szalais Berater Oliver Fischer am Donnerstag den Zeitungen der VRM-Gruppe.