Mit ihrem Vorstoß die mobile Jugendarbeit aufzustocken, wollen die Grünen ein Votum des Rats abmildern. Dieser will keine Anlaufstelle für junge Leute mit Migrationshintergrund.
Soll die mobile Jugendarbeit aufgestockt werden? Ja, sagen die Grünen. Nein sagt die Verwaltung – und mehrheitlich auch die Mitglieder des Finanzausschusses. Der Fachausschuss des Gemeinderats ist zugleich für die sozialen Angelegenheiten zuständig, weshalb er am Montag gleich in doppelter Hinsicht gefragt war. Letztlich folgte er allerdings der Ansicht der Verwaltung. Das letzte Wort hat kommende Woche der Gemeinderat. Dass er anders entscheidet, ist wenig wahrscheinlich: Die Entscheidung im Ausschuss war wenig umstritten. Und doch wurde eines klar: Für die Fraktionen ist das Thema mitnichten abgeschlossen. „Für uns ist der Antrag nicht erledigt“, sagte Ulrike Sautter (Grüne). Sie kündigte an, ihre Fraktion werde „zu gegebener Zeit einen Vorstoß machen, wenn die Finanzen blühen“. Wolfgang Gommel (CDU) bekräftigte Sautter im Verlauf der Diskussion darin, das Thema erneut aufgreifen zu wollen. Der Ansatz der Christdemokraten ist aber seit jeher ein anderer: Sie wollen vorrangig nicht die mobile Jugendarbeit, sondern den Gemeindevollzugsdienst aufstocken.
Mobile Jugendarbeit – Bedarf oder Überversorgung?
Anlass für die Diskussion über die Aufstockung dieses Teilbereichs der Jugendarbeit war der Antrag der Grünen von Februar, die mobile Jugendarbeit um eine Vollzeitstelle aufzustocken. Es war die Reaktion darauf, dass der Rat die Beratungsstelle für junge Menschen mit Migrationshintergrund an der Schnittstelle von Schule und Beruf mehrheitlich abgelehnt hatte. Die Verwaltung hatte diese beantragt. Zudem hatte die CDU Ende 2023 die Aufstockung der Mobilen Jugendarbeit gefordert. Die Stadt hatte argumentiert, dass Ditzingen im kreisweiten Vergleich in diesem Bereich gut ausgestattet sei und Synergien in der Jugendarbeit genutzt würden.
Darauf hob die Verwaltung auch jetzt wieder ab. Zumal die mobile Jugendarbeit nicht auf die spezifischen Fragestellungen der jungen Menschen mit Migrationshintergrund eingehen könne. Sie müssen sich an das Angebot des Landkreises in Ludwigsburg wenden. Zudem hat sich seitdem die finanzielle Situation der Stadt verschlechtert. Gleichwohl schränkte Oberbürgermeister Michael Makurath ein, dass die Verwaltung dennoch in diesem Bereich im speziellen fachlich-inhaltlich durchaus weiterhin einen Bedarf sehe.
Anlass der Diskussion: Gestiegene Jugendkriminalität
Anlass für die Diskussion, die Jugendarbeit auszudehnen, ist ursprünglich die Häufung von Straftaten in der Kernstadt gewesen. Besonders die letzten Wochen des Jahres 2023 waren unruhig gewesen. Nach Überfällen auf zwei örtliche Netto-Filialen im November hatte die Polizei mehrere Tatverdächtige festgenommen, allesamt höchstens 18 Jahre alt. Trotz der Festnahmen war die Bevölkerung aufgeschreckt, schließlich hatte es zuvor zudem immer wieder Polizeieinsätze am Bahnhof gegeben. Größtes Problem aus Sicht der Stadtverwaltung stellten Körperverletzungen dar – Opfer waren vor allem andere Jugendliche – sowie Sachbeschädigungen, auch diese verursacht von Kindern und Jugendlichen.
Die Täter waren zwischen zehn bis 16 Jahren alt. Die Stadt sprach von „erhöhten Fallzahlen seit dem Ende der Sommerferien“. Davor hatte es ihr zufolge lange „keine Auffälligkeiten“ in der Stadt gegeben. Nach der Festnahme der Rädelsführer beruhigte sich die Situation. Auch die Polizei bestätigte, dass sich die Lage in der Stadt beruhigt habe, nicht nur nach den Festnahmen. Sie hatte übergangsweise ihre Präsenz in der Stadt massiv erhöht. Dies sollte dazu beitragen, die objektive und gefühlte Sicherheit für die Bürger wieder herzustellen.