Im Herbst war bekannt geworden, dass sich ein Professor und eine Studentin Zugang zu Prüfungsaufgaben verschafft hatten. Nun folgt die disziplinarrechtliche Reaktion der Beamtenhochschule: der Dozent soll aus dem Dienst entfernt werden.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Beamtenhochschule in Ludwigsburg greift nach einem Täuschungsversuch bei einer Prüfung hart durch. Ein Professor der Steuerfakultät, der einer Studentin vorab Zugang zu Prüfungsaufgaben verschafft hat, soll aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Dies ist nach Informationen unserer Zeitung das Ergebnis des Disziplinarverfahrens, das gegen den bereits seit längerem suspendierten Dozenten geführt worden war. Ein Sprecher der Hochschule sagte, man könne aus Gründen des Datenschutzes dazu keine Auskunft geben.

 

Das Verwaltungsgericht Stuttgart bestätigte jedoch, dass eine Klage des Professors anhängig sei. Sie richte sich gegen die Anfang April ergangene Verfügung der Hochschule, ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dies ist die schärfste mögliche Disziplinarmaßnahme bei einem Dienstvergehen. Bis Ende Mai laufe noch die Frist, um die Klage zu begründen, sagte ein Gerichtssprecher; danach erhalte die Hochschule Gelegenheit zur Stellungnahme. Von dem Professor selbst, einem Juristen, war keine Stellungnahme zu erhalten. Er hatte zunächst beteuert, sich „jederzeit regelkonform verhalten“ zu haben; später sollen er und die Studentin jedoch ein Geständnis abgelegt haben.

Ermittlungen auf der Zielgeraden

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte im vorigen Herbst ein Verfahren wegen der Verletzung von Dienstgeheimnissen und Anstiftung dazu eingeleitet. Es richtet sich gegen den Professor und die Studentin. Ein Sprecher der Behörde sagte, die Ermittlungen der Polizei seien weitgehend abgeschlossen und würden in absehbarer Zeit der Staatsanwaltschaft vorgelegt. Vor der Entscheidung über Disziplinarmaßnahmen wird normalerweise der Ausgang des Strafverfahrens abgewartet; in diesem Fall war die Faktenlage aber offenbar eindeutig.

Der Professor und die ihm auch privat bekannte Studentin sollen mit einem Generalschlüssel in ein verschlossenes Büro eingedrungen sein, in dem die Prüfungsaufgaben aufbewahrt wurden. Sie hätten den Umschlag geöffnet, Aufgaben und Lösungen fotografiert und danach wieder verschlossen. Den bereits ausgefüllten Bogen brachte die Studentin dann in die Prüfung mit. Später war einem Korrektor aufgefallen, dass ihre Antworten fast wortwörtlich den Lösungsskizzen entsprachen. Der Täuschungsfall sei „in der Hochschule entdeckt und aufgearbeitet worden“, sagte ein Sprecher; externe Stellen habe man unverzüglich einbezogen. Mit der Staatsanwaltschaft arbeite man eng zusammen.

Kritiker der früheren Rektorin

Der Professor galt als einer der Hauptgegner der früheren Rektorin Claudia Stöckle, die Anfang 2015 nach Turbulenzen abgelöst worden war. Um ihn hatte es an der Hochschule wiederholt Wirbel gegeben. Stöckle wehrt vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart gegen ihre Ablösung. An diesem Donnerstag wird über ihre Klage öffentlich verhandelt.