Die Beamtenhochschule Ludwigsburg zieht Konsequenzen aus Problemen bei Prüfungen: Die Aufgaben sollen künftig strenger bewacht, Beziehungen zwischen Studierenden und Lehrkräften geregelt werden.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Beamtenhochschule in Ludwigsburg zieht Konsequenzen aus dem Täuschungsversuch durch einen Professor und eine Studentin bei einer Prüfung. „Interne Abläufe sind bis ins Detail überprüft und bestehende Maßnahmen nochmals verschärft worden, um das Risiko eines Zugriffs auf Prüfungsunterlagen möglichst auszuschließen“, teilte ein Sprecher auf Anfrage unserer Zeitung mit. Zugleich kündigte er an, die Hochschule werde „im Hinblick auf Verhältnisse zwischen Dozierenden und Studierenden“ Leitlinien erlassen. Private Beziehungen könne man zwar nicht verbieten, sie müssten von der beruflichen Sphäre aber „strikt getrennt“ bleiben. CDU und FDP begrüßten derweil Bemühungen, die bei einer Umfrage der Steuergewerkschaft festgestellten Missstände bei Prüfungen abzustellen.

 

Aufpasser auch für die Druckerei

Bei der Aufarbeitung des Täuschungsversuchs, die zur Entfernung des Professors aus dem Dienst führen soll, ist auch die hochschulinterne Druckerei ins Visier geraten. Aus Sicherheitsgründen werden dort Prüfungsbögen in unterschiedlichen Farben vorbereitet. Die beteiligte Studentin soll den passenden Bogen bereits vorab erhalten haben. Offenbar gab es auch in der Druckerei personelle Konsequenzen: auf der Liste der hauptamtlichen Mitarbeiter fehle neuerdings eine dort beschäftigte Person, wurde an der Hochschule registriert. Auch der zunächst suspendierte Professor war von der Liste gestrichen worden.

Schon bisher gilt in der Druckerei das Vieraugenprinzip. Laut dem Sprecher muss künftig zusätzlich ein Mitarbeiter des Prüfungsamts „während des Drucks durchgehend als Beobachter anwesend sein“. Im Prüfungsamt und im Dekanat seien die Verantwortlichkeiten „noch präziser definiert“ worden. Es sei sichergestellt, dass die Zwischen- und Laufbahnprüfungen „nur einem kleinen, klar benannten Personenkreis zugänglich sind“ und ansonsten verschlossen gelagert würden. Zudem gebe es klare Fristen, wann welcher Umschlag geöffnet und dessen Inhalt weiter verbreitet werden dürfe.

„Beziehungen können wir nicht untersagen“

Im Zusammenhang mit dem Täuschungsversuch war an der Hochschule auch über private Kontakte zwischen Professoren und Studentinnen diskutiert worden. Darauf wird mit den jetzt angekündigten Compliance-Regeln zum richtigen Verhalten reagiert. „Private Beziehungen zwischen Lehrkräften und Studierenden können und wollen wir nicht untersagen“, betonte der Sprecher. Dies wäre „völlig weltfremd“, dafür gäbe es auch keine rechtliche Grundlage. Private und berufliche Sphäre müssten aber strikt getrennt werden; es dürfe „keinerlei Einfluss auf die Bewertung von Leistungen“ geben.

Auch aus dem Beamtenrecht ergebe sich die „Pflicht zur uneigennützigen, neutralen und vertrauenswürdigen Dienstausübung“. Hochschullehrer dürften Studierende nicht aus sachfremden Gründen bevorzugen oder benachteiligen, etwa bei der Vergabe von Noten. Bei Prüfungssituationen bestehe ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis; hier müsse schon der Anschein vermieden werden, dass private Beziehungen die Neutralität beeinträchtigten.

Prüfungsaufgaben wiederholt geändert

Nach einer vorläufigen Übersicht des Wissenschaftsministeriums gibt es an den Hochschulen im Südwesten nur vereinzelt spezielle Compliance-Richtlinien. Meistens seien die Vorgaben in andere Regelungen eingebettet, sagte ein Sprecher unserer Zeitung. Generell werde vorgegeben, „auf die Trennung von Dienstgeschäft und Privatleben zu achten“; persönliche Interessen dürften Diensthandlungen nicht beeinflussen. Die Hochschulen hätten stets kritisch zu prüfen, ob es zu Interessenkollisionen kommen könne.

CDU und FDP haben derweil mit Landtagsanfragen auf eine Umfrage der Deutschen Steuergewerkschaft (DStG) reagiert. Diese hatte als kritischsten Befund ergeben, fast alle Befragten hätten schon mehrmals erlebt, dass während laufender Prüfungen Aufgaben verändert worden seien. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) bestätigte dies in ihren Antworten. Die Hochschule prüfe derzeit, in wie vielen Fällen und auf welche Weise dies vorgekommen sei. Erst wenn dies abgeschlossen sei, könne eine Bewertung erfolgen und über konkrete Konsequenzen entschieden werden. Schon jetzt seien die Hochschule und die Ministerien für Wissenschaft und Finanzen in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe dabei, künftig Änderungen während laufender Prüfungen zu vermeiden.

FDP vermisst Problembewusstsein

Der FDP-Abgeordnete Nico Weinmann wertete die Antwort als „klaren Beleg für mangelndes Problembewusstsein im Hause Bauer“. Angesichts früherer Zweifel an Prüfungen verwundere es, dass erst jetzt untersucht werde, „welches Ausmaß die Missstände haben“. Man müsse sich „ernsthafte Sorgen um die Qualitätssicherung“ bei der Beamtenausbildung machen, folgerte Weinmann. Der CDU-Abgeordnete Tobias Wald lobte dagegen, dass die Hochschule schon vor Bekanntwerden der Umfrage eine Qualitätsoffensive gestartet habe. Dazu gehöre auch eine externe Untersuchung, bei der das Thema Prüfungen eine wichtige Rolle spielen werde.