Große Aufregung hatte es in der Koalition um die Suche nach einem Vorstand für die Bahnfirma SWEG gegeben. Nun ist die Personalie entschieden: Zum Zug kommt ein Manager, den der grüne Chefaufseher schon früh favorisiert hatte.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Trotz schwerer Turbulenzen während des Besetzungsverfahrens wird der Wunschkandidat des grünen Aufsichtsratschefs neuer Technikvorstand beim landeseigenen Verkehrsunternehmen SWEG. Das Kontrollgremium bestimmte jetzt Tobias Harms von der Augsburger Verkehrsgesellschaft zum Nachfolger von Walter Gerstner. Der jetzige Technik-Chef werde zum 31. Mai 2016 vorzeitig ausscheiden, Harms werde seine Funktion bei der SWEG und beim Schwesterunternehmen Hohenzollerische Landesbahn (HzL) zum 1. Juli übernehmen. Dies wurde nach der jüngsten Sitzung mitgeteilt.

 

Harms galt bereits vor etlichen Wochen als Favorit des Chefkontrolleurs Wolfgang Reimer, des Amtschefs im Grünen-geführten Agrarministerium. Der ursprüngliche Aufsichtsratschef, Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), hatte den Posten wegen möglicher Interessenkonflikte an Reimer abgegeben. Nach einer Intervention des Finanz- und Wirtschaftsministeriums von Nils Schmid (SPD) war das Besetzungsverfahren jäh gestoppt worden. Das für die Landesbeteiligungen zuständige Ressort warf Reimer vor, die Personalie eigenmächtig vorangetrieben und nicht abgestimmt zu haben. Es holte sogar ein Rechtsgutachten ein, das die Kompetenzüberschreitungen bestätigte.

Chefaufseher bedauert Irritationen

Reimer widersprach zunächst dem Vorwurf eines Alleingangs. Später bedauerte er, dass es „bei einzelnen Mitgliedern des Aufsichtsrates zu Irritationen gekommen“ sei und versprach, das Gremium fortan früher einzubinden. Er habe die Suche nach einem neuen Vorstand frühzeitig initiiert, als sich abgezeichnet habe, dass der Technik-Vorstand vorzeitig ausscheiden würde. Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen, versicherte er Anfang November.

Tatsächlich galt Tobias Harms schon damals als sein Favorit. Der Politikwissenschaftler ist derzeit Prokurist und Leiter des Bereichs Betrieb und Verkehrstechnik bei der Verkehrsgesellschaft der Stadtwerke Augsburg. Im Sommer 2013 wollte er Geschäftsführer der Stadtwerke werden, unterlag aber knapp gegen Walter Casazza von den Karlsruher Verkehrsbetrieben. Casazza galt als Kandidat des CSU-Bürgermeisters von Augsburg, Harms wurde von SPD und Grünen im Gemeinderat favorisiert; auch die Beschäftigten hätten ihn offenbar gerne als Chef gesehen. Der Gemeinderat entschied sich jedoch schließlich mit 30 zu 28 Stimmen für Casazza.

Opposition witterte Postenschacher

Die Opposition hatte auch angesichts dieser Vorgeschichte parteipolitische Motive hinter der Personalauswahl vermutet. Die CDU stellte eine Landtagsanfrage, um einen weiteren Fall von „Günstlingswirtschaft“ auszuschließen. Die FDP wertete den Vorgang als weiteren Beleg, dass sich die Grünen „das Land zur Beute“ machten und ihre „Helfershelfer“ versorgten.