Jetzt wird es eng für Landtagspräsident Willi Stächele (CDU). Grün-Rot macht ernst und will dem Parlamentschef im Landtag das Vertrauen entziehen.    

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Landtagspräsident Willi Stächele (CDU) droht ein Misstrauensvotum im Parlament, wenn er bis Mittwoch nicht freiwillig zurücktritt. Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen wollen Stächele dann wegen seiner Rolle beim EnBW-Deal förmlich das Vertrauen entziehen. Dies bestätigten der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Ulrich Sckerl, und SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel. Ein entsprechender Antrag soll bereits heute eingebracht werden. Für Mittwoch haben die Fraktionen ohnehin eine Debatte über das Urteil des Staatsgerichtshofsurteils beantragt, der Stächele beim Kauf der EnBW-Aktien einen klaren Verfassungsbruch bescheinigt hatte. Als Finanzminister habe er durch die Nutzung einer Notbewilligungsklausel das Haushaltsrecht des Landtags verletzt.

 

Die Annahme des Antrags hätte formal zwar keine Konsequenzen. Faktisch könne Stächele aber nicht im Amt bleiben, wenn ihm die Mehrheit des Landtags das Misstrauen ausspreche, hieß es bei SPD und Grünen. Stächele war erst im Mai mit breiter Mehrheit gewählt worden - auch von Abgeordneten der Regierungsfraktionen. Diese hatten ihn aber nur unter dem Vorbehalt des Gerichtsurteils unterstützt. Das Vorschlagsrecht der CDU als stärkster Fraktion werde selbstverständlich nicht in Frage gestellt, versicherten Vertreter von SPD und Grünen. Neben Stächele hatten sich CDU-intern die Exminister Heribert Rech und Wolfgang Reinhart, der Exstaatssekretär Dietrich Birk und der Abgeordnete Wilfried Klenk beworben.

Mappus: Lieber 15 Monate MP als gar nie MP

Bei der CDU steigerte die Drohung der Koalitionsfraktionen die ohnehin große Nervosität. Eine Stellungnahme der Fraktion war zunächst nicht zu erhalten. Stächele verwies am Wochenende lediglich auf seine schriftliche Erklärung zum Urteil, wonach er "zu keiner Sekunde" Parlamentsrechte verletzt habe. Er werde die Urteilsbegründung gründlich prüfen und rate dies auch allen anderen Beteiligten.

Der frühere Ministerpräsident Stefan Mappus äußert sich inzwischen erstmals zur Entscheidung des Staatsgerichthofs. Am Rande eines CDU-Kreisparteitags im Enzkreis sagte er nach Medienberichten, das Gericht habe die Notwendigkeit schnellen und vertraulichen Handelns ebenfalls gesehen; mit dieser Begründung hatte er das Geschäft am Landtag vorbei abgeschlossen. Eines Tages werde das Land noch dankbar sein, als Mitbesitzer der EnBW aktiv an der Energiewende mitwirken zu können, sagte Mappus.

In seiner Abschiedsrede zog der Expremier eine Bilanz seiner Amtszeit. "Es war für mich immer das Größte, an der Spitze dieses Landes stehen zu können, auch wenn es nur 15 Monate waren", sagte er mit tränenerstickter Stimme. Gleichwohl gelte für ihn: "Lieber 15 Monate MP als gar nie MP." Der 45-Jährige zeigte sich erleichtert, die Politik hinter sich zu lassen und als Manager beim Pharmakonzern Merck nach Südamerika zu gehen. Ab März sei er in Rio de Janeiro und werde dort mit jedem, der ihn besuchen komme, "einen schönen Caipirinha trinken".