Die Tinte unter dem Verkaufsvertrag ist noch nicht recht trocken, da beginnen in der nächsten Woche die Gespräche bei Bosch Solar im thüringischen Arnstadt mit Vertretern der Arbeitnehmer.

Stuttgart - Die Tinte unter dem Verkaufsvertrag des Bosch Solarwerks in Arnstadt an den Bonner Pionier Solarworld ist noch nicht recht trocken, schon beginnen die Gespräche mit den Arbeitnehmern. Bereits nächste Woche soll vorgefühlt werden, welche Mitarbeiter in die noch zu gründende Transfergesellschaft wechseln sollen. Zudem sei ein Treffen zwischen Solarworld-Chef Frank Asbeck und dem ersten Bevollmächtigten der IG Metall Erfurt, Wolfgang Lemb, angesetzt worden. Dabei dürfte es nicht zuletzt um tarifvertragliche Regelungen gehen.

 

Der Zulieferer Bosch und die IG Metall haben 2011 einen Haustarifvertrag für die derzeit noch 1500 Beschäftigten am Solarstandort Arnstadt abgeschlossen – was in dieser Branche, in der teilweise äußerst niedrige Löhne gezahlt werden, ungewöhnlich ist. Vereinbart wurde für die Bosch-Beschäftigten unter anderem eine 38-Stundenwoche, 30 Tage Urlaub sowie ein Einstiegslohn für Facharbeiter von 2130 Euro. Diese Errungenschaften gilt es nun zu verteidigen. Allerdings, Billiglöhne hat Lemb nicht zu befürchten. Denn auch für die Beschäftigten von Solarworld im sächsischen Freiburg gilt ein Haustarifvertrag, der allerdings mit der Gewerkschaft IG BCE abgeschlossen wurde.

Die Konditionen für die Freiberger seien etwas schlechter, schätzt Lemb. In einigen Punkten stünden die Solarworld-Beschäftigten besser da, in anderen die von Bosch, sagt dagegen ein Solarworld-Sprecher. Für die 250 Beschäftigten des Solarpioniers in der Firmenzentrale Bonn gibt es dagegen keinen vergleichbaren Haustarif. Dort wird nun – auf Betreiben von IG Metall-Mitgliedern – erst mal ein Betriebsrat eingerichtet.

Im Werk Arnstadt wurde derweil damit begonnen, die Produktion schrittweise runter zu fahren, sagte ein Bosch-Sprecher. Bestehende Aufträge würden derzeit noch abgearbeitet – teilweise auch noch in mehreren Schichten. Allerdings gebe es bereits Mitarbeiter, deren Arbeit ausgelaufen sei. Ihnen wird ein Schulungsprogramm geboten. Die Einführung von Kurzarbeit ist in einem Fall wie bei Bosch Solar rechtlich nicht möglich. Danach stehen die Anlagen im Stand-by-Betrieb.

Nach den Plänen soll der Übergang der Zell- und Modulfertigung Ende Februar an Solarworld erfolgen. Der Bonner Konzern muss von Beginn an mit eigenen Aufträgen für die Auslastung sorgen. Anfragen von Kunden gebe es bereits, erläuterte ein Solarworld-Sprecher. Er rechnet mit einem problemlosen Übergang. Verzögerungen schloss er aus. „Ich sehe keine Möglichkeiten, dass es zu Verzögerungen kommen könnte. Alle Verfahren sind durch Fristen geregelt“, sagt er. Mehr sagte er nicht. Es geht aber um die Sanierungsmaßnahmen. Der angeschlagene Konzern hat umfangreiche Maßnahmen beschlossen (siehe „Solarworld in der Krise“), die vor dem Übergang abgeschlossen sein müssen. Verzögern könnte sich der Prozess durch die beim Landgericht Köln anhängigen Anfechtungsklagen. Von den insgesamt 18 Klagen wurden sechs im Rahmen eines Vergleichs bereits geregelt. Zudem hat Solarworld beim Landgericht einen sogenannte Freigabeantrag gestellt. Wird er stattgegeben, können die Sanierungsmaßnahmen trotz Anfechtungs- klagen durchgeführt werden.

Solarworld in der Krise

Die Krise der Solarbranche spiegelt sich deutlich in den Zahlen von Solarworld wider. 345,6 Millionen Euro setzte der Bonner Konzernin den ersten neun Monaten um (minus 26 Prozent). Unter dem Strich stand ein Verlust von 148,6 (Vorjahr: 230) Millionen Euro. Die Eigenkapitalquote war negativ und lag bei minus 2,9 Prozent. Die Nettoverschuldung lag bei 843 Millionen Euro.

Mit einem Schulden- und Kapitalschnitt soll Solarworld saniert werden. Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung im August haben die Gläubiger von zwei Anleihen auf 55 Prozent ihrer Forderungen von 550 Millionen Euro verzichtet und stattdessen neue Aktien von Solarworld erhalten. Gebeutelt wurden die Altaktionäre, die 95 Prozent ihres Engagements eingebüßt haben.

Die Altaktionäre waren von der anschließenden Kapitalerhöhung ausgeschlossen. Gezeichnet haben der Groß- aktionär Katar, der 35 Millionen Euro für einen Anteil von 29 Prozent zahlte, und Solarworld-Chef Frank Asbeck. Er hat für zehn Millionen Euro ein Paket von 20 Prozent erhalten. Im Oktober hat Asbeck wieder in größerem Umfang Anteile verkauft.