Die in der Nacht zum 25. Februar aus dem Esslinger Tierpark Nymphaea gestohlenen Amazonen Amy und Rico sind wieder in ihrer Voliere zurück. Doch jetzt bangen die beiden Papageien um ihren Rang in der Gruppe.

Esslingen - Sandra Meixner ist glücklich, dass die beiden Amazonen Rico und Amy wieder zurück sind im Esslinger Tierpark Nymphaea. Davon war nicht unbedingt auszugehen gewesen, nachdem die beiden Papageien in der Nacht zum Montag, 25. Februar, von einem unbekannten Täter aus ihrer Voliere gestohlen worden waren. Doch seit der Rückkehr ist beileibe nicht alles beim Alten. Die kurze Abwesenheit der beiden Vögel hat bereits ausgereicht, um die Dynamik in der Amazonen-Gruppe „extrem zu stören“, berichtet die Vogelwartin der Nymphaea. Deshalb sind die Vögel nun innerhalb des Papageienhauses in unterschiedlichen Volieren untergebracht worden.

 

Als hätte es nicht schon gereicht, dass die Gelbstirnamazone Amy und die Mülleramazone Rico – beide rund 20 Jahre alt – geschwächt und in aufgewühltem Zustand wieder zurückgekehrt sind. Nein, zur Ruhe sind sie dann auch in ihrer gewohnten Umgebung nicht gekommen. Denn zwei etwa drei Jahre alte Amazonen – Sandra Meixner nennt sie flapsig „stinkstieflige Jungspunde“ – hätten während der Abwesenheit Morgenluft gewittert und das Kommando in der insgesamt sechsköpfigen Gruppe übernommen. Als Rico und seine Partnerin Amy zurückkamen, wurden sie von den beiden Streithähnen weggehackt.

Im Papageienheim hängt der Haussegen schief

Doch letztlich hat den gefiederten Emporkömmlingen ihre Aufmüpfigkeit nichts genützt. Zurzeit sitzen sie – getrennt von den anderen – in einer eigenen Voliere, während die beiden inzwischen wieder zu Kräften gekommenen Rückkehrer in eine Gruppe eingegliedert wurden. Dass die Hierarchie innerhalb des über Jahre gewachsenen Verbunds so schnell und so nachhaltig gestört werden kann, könne auch bei Vögeln in der freien Natur beobachtet werden, erklärt Meixner, „aber da können sie sich besser aus dem Weg gehen als in einer Voliere“. Dafür, dass die beiden sprechenden Papageien wieder zurück sind, nimmt die 45-jährige Vogelwartin aber gerne hin, dass im Papageienheim vorübergehend der Haussegen schief hängt.

Denn es sei ein großes Glück, dass der Täter die Vögel nach dem Diebstahl offenkundig freigelassen hat. „Vielleicht hat er kalte Füße bekommen, vielleicht waren ihm die Vögel zu laut oder der Druck durch die Öffentlichkeit wurde zu groß“, vermutet Sandra Meixner. Dass das Loch von einem Aktivisten aus falsch verstandener Tierliebe in den Maschendrahtzaun geschnitten wurde, um die Vögel lediglich aus der Gefangenschaft zu befreien, glaubt sie nicht. Denn die Strecke von rund sechs Kilometern zwischen dem Tierpark und dem Fundort im Stadtteil Mettingen hätten die nicht ans lange Fliegen gewöhnten Tiere nicht bewältigen können, „dafür fehlt ihnen die Kondition“. Das lege nahe, dass sie dort ausgesetzt worden seien.

Für den Dieb seien die beiden Vögel wohl eine leichte Beute gewesen, denn sie bevorzugten es, im Außenbereich der Voliere, gleich hinter dem Zaun zu schlafen. Die beiden Einfangaktionen seien sehr aufwendig gewesen und hätten sowohl den Tieren als auch den Helfern einiges abverlangt. Denn gleich in der Nähe der nahe beieinander liegenden Fundorte – Rico wurde am vergangenen Dienstagmittag gesichtet, Amy in der Nacht zum Mittwoch entdeckt – befänden sich eine viel befahrene Straße und die Bahngleise. Die Gefahr sei groß gewesen, dass die Vögel dorthin flattern.

Wer sich einen Papagei anschafft, muss wissen, was auf ihn zukommt

Sandra Meixner kann sich nicht vorstellen, dass die beiden Amazonen aus Profitgier entwendet wurden. Denn Tiere dieser Papageienarten würden relativ günstig zum Verkauf angeboten – unter anderem auch auf der Internetplattform Ebay. Und die Auffangstationen seien voll davon, weil die Menschen, die sich solche Vögel anschafften, oft nicht wüssten, auf was sie sich da einlassen. „Dann merken sie nach kurzer Zeit, dass die Vögel die Wohnung zerlegen, viel Krach machen und hohe Haltungskosten verursachen – und dann müssen die Papageien wieder ausziehen.“ Auch die Papageien der Nymphaea stammten größtenteils von Beschlagnahmungen aus Tierheimen oder von Privatpersonen, die mit deren Haltung überfordert waren.

Die neue Wohnform der Amazonen werde zunächst beibehalten. Vielleicht könne ein Neustart in der bisherigen Gruppenzusammenstellung gewagt werden, wenn die geplante neue und mehr Platz bietende Voliere fertig sei. Wenn es gut laufe, sei das Ende des Jahres der Fall, so Meixner. Die Resonanz auf den Diebstahl und die Suche nach Amy und Rico habe sie überrascht, aber auch gefreut, sagt sie. Beispielsweise habe ein Richter, der einen Angeklagten in der vergangenen Woche zu einer Geldbuße verurteilt habe, angewiesen, das für einen gemeinnützigen Zweck bestimmte Geld an die Nymphaea zu überweisen.